Samstag, 16. Februar 2013

Vor dem Fall - Sonntag, 10. Februar 2013

Lars erwachte, weil er auf die Toilette musste. Auf einem Radiowecker, der nicht seiner war, sah er in roten Lettern, dass es 07:24 Uhr war. Neben ihm lag eine dunkelhaarige Schönheit, die mit viel Glück vielleicht gerade 20 Jahre alt war und an deren Namen er sich beim besten Willen nicht erinnern konnte. Er beschloss, dass es die beste Idee sei, sich nicht nur leise ins Bad, sondern direkt danach aus der Wohnung zu stehlen.
Nichtsdestotrotz, es war gut gewesen mit ihr. Sie hatten sich gestern Abend zufällig in der Metro kennengelernt. Er hatte sie versehentlich angerempelt, darüber waren sie ins Gespräch gekommen und schließlich hatte sie ihn einfach gefragt, ob er nicht noch einen Kaffee mit ihr trinken wolle. Er war mit ihr gegangen und statt eines Kaffees waren es zwei Flaschen Rotwein geworden. Für ihre jungen Jahre war sie erstaunlich abgebrüht gewesen. Vielleicht wirkte sie auch nur so jung. Es spielte keine Rolle, er konnte sich nicht einmal an ihren Namen erinnern. Erst hatte sie ihm ihn nicht verraten wollen und dann am Ende, nachdem sie nach dem Rotwein noch mit einem Calvados angestoßen hatten, hatte sie ihm doch ihren Namen ins Ohr geflüstert. Er glaubte, dass er mit A angefangen hatte, aber selbst das konnte er nicht mehr sicher sagen. Es war egal. Leise zog er die Türe hinter sich zu und verließ die Wohnung. Er sah auf das Namensschild, aber dort stand nur der Nachname. Rouge. Na immerhin.

*****

Es war 8 Uhr morgens, als er nach Hause kam. Er setzte sich an den Computer, zündete sich eine Zigarette an und startete das Video, nicht ohne zuvor noch einen tiefen Schluck aus der Wodkaflasche genommen zu haben. Auf dem Bildschirm tanzte Lotte, nur in Unterwäsche bekleidet, auf das Bett zu. Lasziv räkelte sie sich dann auf den Laken. Nach drei Minuten stoppte er das Video wieder. Er konnte es nicht ertragen. Damals hatte sie noch ihm gehört. Da war sie ihm noch treu gewesen, wenigstens hoffte er das. Auf jeden Fall hatte sie sich damals noch nicht jedem x-beliebigen Spinner an den Hals geworfen, wie sie es heute tat.
Noch nie hatte er sie so sehr gehasst wie jetzt. Er fragte sich, ob sie ihn bemerkt und bewusst provoziert hatte. Eigentlich war es fast unmöglich. Sie hatte vorher nicht wissen können, dass er auch in dieser Kneipe war und eigentlich hatte es auch nicht so gewirkt, als habe sie ihn gesehen, zumindest hatte sie ihn nie angesehen. Sie hatte ihn überhaupt nicht beachtet, weil sie nur Augen für diesen Widerling hatte. Mit einem Gartenzwerg hatte sie rumgemacht. Was für ein lächerliches Kostüm, aber es schien ihr überhaupt nichts auszumachen. Sie hingegen hatte unglaublich sexy ausgesehen in ihrem Kostüm. Aber dessen war sie sich mit Sicherheit bewusst gewesen. Wie arrogant sie geworden war. Deswegen traute er es ihr auch zu, dass sie ihn doch bemerkt hatte und das alles ein abgekartetes Spiel gewesen war. Wahrscheinlich würde er es heute Abend bemerken. Heute Abend, wenn sie sich in ihrer Stammkneipe im Veedel wiedersahen, wie jedes Jahr an Karnevalssonntag nach dem Zug. Wenn sie ihn dann auch wieder provozieren würde, war für ihn die Sache klar. Bestimmt würde sie es tun. Sie musste ja zeigen, dass sie etwas Besseres war, dass sie jeden haben konnte, dass er unter ihrem Niveau war. Verdammte Schlampe. Hochmut kommt vor dem Fall und du wirst tief fallen, ganz tief, dachte er.
Er nahm einen weiteren tiefen Schluck aus der Wodkaflasche und startete dann Battlefield. Er brauchte Ablenkung und an Schlafen war nicht zu denken, dafür war er viel zu aufgebracht.

1 Kommentar:

  1. Huuui, ein durchdrehender Jan - das verspricht Extra-Spannung!

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