Donnerstag, 31. Januar 2013

Himmelhoch jauchzend - Dienstag, 29. - Donnerstag, 31. Januar 2013

Lotte war die ganzen letzten Tage wie auf Wolken geschwebt, seit Lars ihr am Montag geschrieben hatte, dass er endlich mit Ute Schluss machen würde. Sie konnte das Wochenende kaum abwarten. Vielleicht schmiss sie ihn ja direkt raus und er würde schon morgen oder am Samstag bei ihr Zuflucht suchen. Sie wusste nicht, wann er genau mit ihr reden wollte, aber morgen kam er aus Paris wieder und ab morgen konnte es soweit sein, auch wenn sie annahm, dass er zu bequem war, um es sofort nach seiner Ankunft hinter sich zu bringen. Aber auf ein oder zwei Tage mehr oder weniger kam es nun auch nicht mehr an, auf jeden Fall würde es dieses Wochenende soweit sein und dann gehörte er ihr. Sie hatte das Grinsen kaum noch aus dem Gesicht bekommen und arge Mühe gehabt, sich auf ihre Klausuren zu konzentrieren, aber sie hatte sich zusammengerissen. Schließlich wollte sie sich auch nicht mit schlechten Noten vor ihm blamieren. Die ein oder andere Klausur hätte sicherlich optimaler laufen können, aber insgesamt war sie zufrieden und sich recht sicher, auf jeden Fall alle bestanden zu haben, egal wie. Für die Abschlussnoten zählten die Klausuren sowieso nicht, also war es ihr egal. Vielleicht war sie ja auch nur so gut gewesen, weil Lars ihr doch tatsächlich vor jeder Klausur eine SMS mit Glückwünschen geschickt hatte, immer pünktlich. Wie zauberhaft er doch sein konnte. Sie strahlte. Lars hatte ihr versprochen, dass sie sich auf jeden Fall am Wochenende sehen würden und sie hoffte sehr, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits frei war. So oder so konnte sie es kaum abwarten ihn wiederzusehen.

*****

Lars hatte absichtlich noch einen Tag in Paris drangehangen, um ein wenig Schonfrist zu haben und mit einem wirklich klaren Kopf nach Köln reisen zu können und mit Ute Schluss zu machen. Er hatte diese Woche sehr ruhig verbracht und sich ausschließlich auf die Arbeit und abends auf das Ordnen seiner Gedanken konzentriert. Kein einziges Mal war er ausgegangen, um nicht einer Versuchung zu erliegen, die ihm am Ende durcheinanderbrachte. Es war die richtige Entscheidung gewesen. Er war sich in den letzten Tagen wirklich klar geworden, was er wollte. Er wollte Charlotte, mit allen Konsequenzen, die das nach sich ziehen würde und sicherlich wären viele erst einmal weniger angenehm. Sein Ruf würde leiden, im Institut würde er sich Einiges anhören dürfen und auch finanziell könnte es ihm an den Kragen gehen. Dennoch war er sich sicher, dass es die richtige Entscheidung war. Er konnte nicht länger vor Ute davonlaufen und es wäre auch unfair, sie mit ihrem Kinderwunsch noch länger hinzuhalten. Sie wünschte sich so sehr ein Kind und ihre biologische Uhr tickte zweifellos, wenn er es jetzt beendete, hatte sie wenigstens noch die Chance, einen anderen möglichen Vater zu finden. Er hat sehr viel über dieses Thema nachgedacht, das, wie ihm bewusst geworden war, ein sehr großer, wenn auch wenig ausgesprochener Konflikt zwischen ihnen war und daran war ihm klargeworden, dass es nicht weitergehen konnte. Er konnte sich Ute als Mutter vorstellen, sie wäre sicherlich auch eine gute Mutter, aber er war sich sicher, sie würde eines dieser grausamen Muttertiere werden und noch viel spießiger und vorsichtiger, als sie es sowieso schon war, sobald sie ein Kind hätten. Spätestens dann würde er sich endgültig mit ihr zu Tode langweilen und das ginge einfach nicht. Wenn er ein Kind zeugte, wollte er dahinter stehen und diesem Kind ein guter Vater sein und eine gute Familie bieten - was aber zweifellos nur möglich war, wenn er für die Mutter des Kindes mehr als ein müdes Lächeln übrig hatte. Charlotte konnte er sich hingegen wunderbar als Mutter vorstellen. Sicherlich würde sie eine unkonventionelle Mutter sein, aber mit ihr würde es nie langweilig werden und zu seiner Verwunderung hatte er feststellen müssen, dass er sich mit Charlotte sogar zum jetzigen Zeitpunkt bereits Kinder vorstellen konnte, während er bei Ute immer erst an in ein paar Jahren gedacht hatte.
Nein, er hatte alles sorgfältig durchdacht und auch wenn es sicherlich erst einmal eine sehr unangenehme Sache werden würde, so hoffte er trotzdem, dass Ute einsehen würde, dass es für alle das Beste war und er ihr damit ebenfalls ganz neue Chancen eröffnete, auch wenn er ihr das Erhoffte erst einmal zerstörte. Aber vielleicht ließ sie nach dem ersten Schock mit sich reden und sie würden die Trennung vernünftig und wie erwachsene Menschen über die Bühne bringen können. Er hatte sich bereits die passenden Worte zurechtgelegt und auch beschlossen, so ehrlich zu ihr zu sein, dass er ihr von Charlotte erzählte, sie würde es so oder so herausfinden und wenn sie es direkt wusste, war die Demütigung vielleicht geringer. Außerdem gab es dann kein Zurück mehr und sie wusste sofort, woran sie war. Dann brauchte er ihr auch nicht sagen, dass er sie nicht mehr liebte, sondern lediglich, dass er Charlotte mehr liebte. Er fand, das klang freundlicher. Und falls sie sich damit besser fühlen sollte, konnte sie sich einreden, er habe eine Midlife-Crisis und sie deswegen durch eine Jüngere ersetzt. Es war ihm egal, er wollte nur, dass sie alle möglichst schadlos aus dieser Sache herauskamen. Er musste nur den passenden Moment am Wochenende finden, um es ihr zu sagen. Aber er war fest entschlossen, es zu tun, wenn auch wahrscheinlich noch nicht sofort morgen...

Montag, 28. Januar 2013

Nur noch dich, für immer! - Montag, 28. Januar 2013

Um halb sechs in der Früh hatte erbarmungslos der Wecker gerasselt und nachdem sie noch zehn Minuten gekuschelt hatten, hatte Lars das Bett und kurze Zeit später auch ihre Wohnung verlassen müssen. Während er unter der Dusche war, hatte Lotte ihm ein kleines Frühstück bereitet und für sie beide Kaffee gekocht. Etwas Essbares brachte sie selbst um diese Uhrzeit noch nicht hinunter, aber wenigstens eine Tasse Kaffee wollte sie mit ihm gemeinsam trinken. Er hatte nur wenige Minuten für das gemeinsame Frühstück gehabt, dann hatte er zur Bahn eilen müssen. Zuvor hatte er sie noch ein letztes Mal innig umarmt und geküsst. Nachdem sie die Wohnungstür hinter ihm geschlossen hatte, hatte Lotte mit den Tränen kämpfen müssen. Es waren so wunderschöne Stunden gewesen mit ihm gemeinsam, dass sie ihn am liebsten gar nicht gehen lassen hätte.
Sie konnte sich nicht entsinnen, sich je in Gegenwart eines Mannes so wohl und geborgen gefühlt zu haben, wie sie es bei ihm empfand. Eigentlich war dieser Gedanke paradox und dies war ihr durchaus bewusst. Sie musste nur an Ute denken und ihr war klar, dass es möglicherweise keine gute Idee war, Lars solche Gefühle entgegenzubringen. Dennoch konnte sie nicht anders. Außerdem waren sie ehrlich zueinander, ihre Beziehung war in keinster Weise mit der zwischen ihm und Ute zu vergleichen. Außerdem war sie viel stärker als Ute, das sagte er selber. Er würde es niemals wagen, mit ihr so umzuspringen wie mit Ute. Und bald wäre die Sache mit Ute sowieso vorbei, der Januar war nun schon fast zu Ende und es wurde Zeit für ihn zu gehen und zu ihr zu kommen. Sie hatte das Thema nicht mehr angesprochen an diesem Wochenende, obwohl sie es ihm am Samstag angedroht hatte. Doch dann hatte sie sich gedacht, es sei besser, ihm Anreize zu bieten, die Trennung endlich hinter sich zu bringen anstatt herumzunörgeln. Taten brachten mehr als tausend Worte, da war sie sich sicher. Und sie glaubte auch, dass es die richtige Entscheidung gewesen war und Lars der Abschied ebenfalls schwergefallen war. So innig, wie bei diesem Abschied, hatte er sie noch nie geküsst. Er würde jetzt endlich in die Puschen kommen mit der Trennung, das spürte sie. Außerdem musste er es, denn das Semester neigte sich dem Ende zu und damit auch die Zeit seiner Abwesenheit von Köln. Er würde Ute demnächst wieder viel länger am Stück ausgesetzt sein, wenn er nicht endlich Nägel mit Köpfen machte. Sie hoffte, er würde dies zum Anlass nehmen.
Gestern hatte sie sein Telefonat mit Ute, dass er gut in Paris angekommen sei, mitanhören müssen. Da war keinerlei Zuneigung in seiner Stimme gewesen und solch eine Beziehung konnte einfach nicht dauerhaft bestehen. Ute musste doch auch spüren, dass da nichts mehr war und er ihr keine liebevollen Gefühle mehr entgegenbrachte.

*****

Lars richtete sich auf seinem Platz im Thalys ein und kramte dann in seiner Jackentasche nach seinem Handy, um Charlotte eine SMS zu schicken. Doch zuerst fiel sein Blick auf sein neues Hintergrundbild, das er wenigstens für die Tage in Paris genießen wollte. Er hatte gestern Abend heimlich ein Foto von ihr gemacht, als sie zwischendurch das Bett verlassen hatte, um die Weinflasche zu holen und nachzuschenken. Nur mit einem Höschen bekleidet, die Haare wild verwuschelt und mit der Weinflasche in der Hand kam sie auf ihn zu. Sie hatte etwas hippiemäßiges auf diesem Foto, einen Hauch von Uschi Obermaier. Es war wunderschön, sie war wunderschön. So mädchenhaft, aber gleichzeitig sexy und leicht verrucht. Am liebsten wäre er vorhin bei ihr geblieben, er hatte die Zeit mit ihr so sehr genossen wie schon lange nichts mehr. Es war sogar noch schöner gewesen, als als sie ihn in Paris besucht hatte. Es wurde wirklich Zeit, dass er sich von Ute trennte und solche Momente dauerhaft genießen konnte. Er würde, sobald er wieder in Köln war, das Gespräch mit ihr suchen. Diesmal würde er es nicht länger aufschieben. Charlotte würde nicht ewig auf ihn warten und wenn er an die letzten Stunden zurückdachte, gab es auch kein sinnvolles Argument, sie noch länger warten zu lassen. Er freute sich wie ein kleiner Junge auf die gemeinsame Zeit mit Charlotte und es war ihm auch gerade vollkommen egal, dass solcherlei Gefühle bisher nicht seinem Naturell entsprochen hatten. Wahrscheinlich war ihm bisher eben nie die richtige Frau begegnet. Lächelnd schaute er auf sein Handydisplay, dann ging er ins Nachrichtenmenü.

Allerliebstes Lottchen, nun rausche ich dahin, Richtung Paris und weg von Dir. Ich wünschte, ich könnte Dich mitnehmen, aber ich werde die schönen Stunden mitnehmen in meinen Gedanken und davon zehren bis zu unserem Wiedersehen. Du wirst Deinen Pflichten nachkommen mit den Klausuren in dieser Woche und ich meinen, sobald ich wieder in Köln bin und die Trennung von Ute vollziehen. Es gibt keinen Grund mehr, noch länger zu warten, ich will nur noch Dich, für immer! Lars

Sonntag, 27. Januar 2013

Tatorte - 25. - 27. Januar 2013

Zufrieden lag Lars im Bett und betrachtete Charlotte, wie sie in Unterwäsche durch die Wohnung huschte und etwas Knabberzeug in ein Schüsselchen abfüllte und anschließend erstaunlich gekonnt eine Flasche edlen Rotwein entkorkte. Vielleicht wäre dies eigentlich seine Aufgabe gewesen als Mann, aber er genoss den Anblick viel zu sehr, um in irgendeiner Form aktiv an dieser Szenerie teilhaben zu wollen. Das, was er gerade sah, konnte keinesfalls vom neuen Tatort gleich im Fernsehen übertroffen werden. Sie war so wunderschön und irgendwie so unschuldig dabei. Sie ahnte überhaupt nicht, wie wundervoll sie gerade aussah, in ihrer dunkelroten Unterwäsche auf ihrer Schneewittchenhaut und dazu die dunklen Locken, die wild in alle Richtungen abstanden. Sie würde wahrscheinlich fluchen, wenn sie sie sich bewusst wäre, dass ihre Schminke völlig verschmiert war von ihrem wilden Genutsche eben, aber er fand, gerade der verschmierte Lippenstift machte den Anblick erst perfekt. Er hätte sie aufessen können, als sie da stand und die Flasche entkorkte. Diese leichte Anstrengung in ihren Zügen, als der Korken ein wenig klemmte und die Anspannung in ihren Muskeln, ihr Busen hatte so gleich noch viel prächtiger gewirkt. Er hätte ihr ewig zusehen können, aber leider hatte sie den Korken dann doch recht fix heraus gehabt. Nun kam sie mit einem Tablett mit zwei Weingläsern und dem Schüsselchen mit Knabberzeug zum Bett getänzelt und würde gleich mit ihm zusammen den Tatort genießen. Insgeheim hoffte er, dass der Tatort schlecht war, damit sie sich anderen Dingen zuwenden konnten, sie war so oder so aufregender als jeder Krimi. Aber sie wollte den Tatort unbedingt sehen, weil ein neuer Kommissar seinen ersten Einsatz hatte und er hatte ihr das nicht verderben wollen. Im Notfall würde er einfach sie ansehen, falls ihn der Krimi langweilte. 
Wenn er darüber nachdachte, konnte er es sowieso kaum fassen, gerade neben ihr zu liegen. Aber er hatte es tatsächlich durchgezogen und sich dieses Wochenende "die volle Lotte gegönnt", wie sie es genannt hatte. Ute wähnte ihn seit heute Morgen in Paris, er hatte behauptet, einen Vormittagszug zu nehmen. Das tat er auch, allerdings erst morgen. Statt zum Bahnhof war er in die Bahn zu Charlotte gestiegen. Eigentlich hatte er Charlotte nur am Samstag sehen wollen, aber als sie sich getroffen hatten, hatte sie ihm Druck gemacht und an die Idee dieses Treffens erinnert und schließlich hatte er sich darauf eingelassen. Seine Sehnsucht war zu groß gewesen, während er andererseits nicht das Gefühl hatte, bei Ute irgendetwas zu verpassen. Außerdem kam er Charlotte so entgegen und entspannte die Situation damit. Sie merkte, dass es ihm ernst war und er sie nicht nur hinhalten wollte. Es war wichtig, dass er ihr das zeigte, sie war am Samstag anfangs doch ein wenig kratzbürstig gewesen, was das anging, weil er auf Fragen nach der Trennung von Ute immer nur ausweichend geantwortet hatte. Glücklicherweise hatten sie nicht allzuviel Zeit gehabt, diese Thematik auszudiskutieren, da die Zeit von Utes Abwesenheit begrenzt war und er Charlotte schnell davon überzeugt hatte, dass man sie sinnvoller nutzen konnte. Dafür hatte er ihr versprechen müssen, dass sie dieses Thema heute noch einmal ausdiskutieren würden, aber bisher hatte sie glücklicherweise noch nicht damit angefangen und er würde es ganz bestimmt nicht tun. 
Am Samstag hatten sie dann statt der Diskussion die absolute Todsünde begangen und er hatte mit einer anderen Frau in seinem Ehebett geschlafen. Charlotte war die Erste, der diese Ehre zuteil wurde, allerdings hätte er seine anderen Affären auch niemals mit in seine eigenen vier Wände gebracht. Sie hatte tatsächlich Hemmungen gehabt, es im Ehebett zu treiben, was seiner Meinung nach für sie sprach, und er hatte es sogar verstehen können. Also hatte er sie zuerst auf seinen Schreibtisch gesetzt und da genommen, back to the roots, sozusagen. Da dieser Aktion jedoch neben seinem Tacker, den sie vom Tisch gefegt hatten, auch einer ihrer halterlosen Strümpfe zum Opfer gefallen war, in den sich eine Heftklammer verbohrt und zu einer Laufmasche geführt hatte, hatte er sie beim zweiten Mal doch mehr oder weniger widerstandslos auf's Bett werfen können, nachdem er geschworen hatte, dass sie sich auf seine Seite beschränken würden. Es hatte ihn selbst erschreckt, dass er nicht den Hauch eines schlechten Gewissens dabei verspürte, als er in sie eindrang, während er einen kurzen Moment sogar auf das Hochzeitsfoto auf Utes Nachttisch blickte. Im Gegenteil, sein einziger Gedanke in diesem Moment war die Freude, dass nicht sie, sondern Charlotte gerade unter ihm lag.
Als Charlotte danach doch recht eilig aufbrechen wollte, weil sie sich nicht wohlfühlte und meinte, der Geist von Ute schwebe über allem und sie könne es nicht ertragen, sie sollten das alles lieber am nächsten Tag fortsetzen in ihrer Wohnung, hatte er immerhin kurzfristig ein schlechtes Gewissen verspürt, dass Charlotte ganz offensichtlich ein schlechteres Gewissen gegenüber Ute hatte als er.

Die Geburtstagsparty am Samstagabend war auch glimpflich verlaufen, Franziska war nicht anwesend gewesen. Wahrscheinlich hatte so ein junges Ding an einem Samstagabend etwas Besseres zu tun als eine Geburtstagsfeier im Golfclub zu besuchen von jemandem, der zwanzig Jahre älter war als sie selbst. Auch sonst hatte keiner die Ereignisse der letzten Woche angesprochen und er und Ute hatten sich soweit gut verstanden. Oder besser gesagt, sie hatten sich beide gut amüsiert, jeder auf seine Weise. Er hatte sich mit seinen Freunden unterhalten, sie sich mit ihren Freundinnen. Aber sie hatten beide Spaß und einen schönen Abend gehabt und das war es doch, was am Ende zählte. Franziska hatte sich, seit er in Köln war auch nicht mehr gemeldet, so dass er eine leise Hoffnung hegte, sie habe es doch verstanden und würde ihn in Frieden lassen.

Erst als Charlotte ihm einen Cracker in den Mund schob, dessen anderes Ende zwischen ihren Lippen hing, merkte er, dass seine Gedanken abgeschweift waren und er den Anfang des Tatorts völlig verpasst hatte. Nach dem Cracker küsste sie ihn leidenschaftlich und er konnte das Salz auf ihren Lippen schmecken. Danach murmelte er, er habe gar nichts vom Tatort mitbekommen bisher und sie grinste nur und schaltete ab.
"Aber der lief doch erst eine Viertelstunde?!"
"Eine Viertelstunde zuviel. Der neue Kommissar ist wie Hape Kerkeling on dope, da hole ich mir lieber andere Drogen."
Sie stellte das Weinglas auf der Bettkannte ab und setzte sich auf ihn. "Zeit für die Leibesvisitation. Sie sind übrigens verhaftet!"

Donnerstag, 24. Januar 2013

Comeback mit Calla - Donnerstag, 24. Januar 2013

Als Lars in den Zug Richtung Köln stieg, beschlich ihn ein mulmiges Gefühl. Auch wenn Ute inzwischen dank Susannes unfreiwilliger Schützenhilfe in dem Glauben war, es sei ihr Fehler gewesen und nicht seiner, so hatte er nach den vergangenen Vorfällen doch einen gewissen Respekt vor ihrem Wiedersehen. Erschwerend hinzu kam die Tatsache, dass Franziska ihm noch zwei weitere SMS geschickt hatte und auf ein Wiedersehen drängte. Zwar hatte er dies bisher abgewehrt ohne eine rabiate Reaktion von ihr zu erhalten, aber er hatte die Befürchtung, sie könne sich zu einer tickenden Zeitbombe entwickeln. Sollte sie irgendetwas ausplaudern oder auch nur eine Bemerkung machen, würde Ute schnell eins und eins zusammenzählen können und erkennen, welchen Ursprung die Kratzer gehabt hatten. Zu allem Übel waren sie am Samstagabend auf der Geburtstagsfeier von Rita eingeladen, die ebenfalls im Golfclub war. Er nahm zwar eigentlich nicht an, dass Franziska auch dort sein würde, aber sicher sein konnte er sich nicht. Eventuell könnte er es noch irgendwie unauffällig in Erfahrung bringen.
Für den Samstagvormittag hatte er Charlotte um ein Treffen gebeten, seine Sehnsucht war zu groß geworden und er konnte sich sicher sein, dass Ute es nicht bemerken würde, da sie mit anderen Frauen aus dem Golfclub am Morgen zusammen einen großen Teil des Buffets für Ritas Geburtstag vorbereiten wollte. Er hoffte bloß, dass Charlotte Zeit hatte, sie hatte ihm gestern nicht mehr auf seine Mail geantwortet. Dabei hatte er ihr nur zwei Stunden nach dem Erhalt ihrer Mail geantwortet, sie hätte also eigentlich genügend Zeit gehabt, wie er fand. Als am gestrigen Abend keine Antwort von ihr eintraf, hatte er sich mit der Vorstellung herumgequält, wie sie sich mit irgendeinem anderen Kerl vergnügte. Wahrscheinlich war es genau diese Vorstellung, die sie mit ihrer Mail hatte anregen wollen und es ärgerte ihn, dass sie ihr Ziel, ihn eifersüchtig zu machen, viel besser erreicht hatte, als sie vermutlich auch nur zu träumen wagte. Hoffentlich war heute Abend endlich eine Antwort da, wenn er weiter warten musste, wäre das ein zusätzlicher Faktor, der den Wiedersehensabend mit Ute belasten würde.
Er überlegte, was für Blumen er Ute heute mitbringen sollte und beschloss, dass es an der Zeit war, den Vorschlag mit den Callae in die Tat umzusetzen. Eine passendere Gelegenheit gab es kaum und er war gespannt, ob sie die Botschaft dahinter erkennen würde. Er würde sich natürlich unschuldig geben, falls sie die Bedeutung kennen und wütend werden würde. Er als Mann kannte sich doch mit solchen Dingen nicht aus, er habe einfach nur nach schönen Blumen geschaut, ohne Hintergedanken. Er musste grinsen. Er liebte diese kleinen Psychospielchen, subtile Provokationen. Genau solche waren es gewesen, mit denen er letztenendes Charlotte gewonnen hatte.

*****

Erleichtert stellte Lotte fest, dass ihr Internetanschluss wieder funktionierte. Durch Bohrungen auf der Straße war es seit gestern Nachmittag zu einem Ausfall gekommen, der sie gehörig Nerven gekostet hatte. Zwar konnte sie das Nötigste auch über ihr Smartphone erledigen, aber ganze Mails schrieb sie nur ungerne auf dem Touchscreen, weshalb sie Lars' Mail bisher auch noch nicht beantwortet hatte. Zuvor las sie noch einmal seine Antwort von gestern, sie ging ihr runter wie Öl, er schien gehörig eifersüchtig zu sein. Sie hatte mit dem Foto von den Cocktails seine Phantasie wohl gehörig angeregt.



Betreff: RE: Vive la France
Von: L.Laslandes@koelnmail.de 
An: Anne-P.De-Mon@hotmail.de
14:03 23.01.2013

Liebe Charlotte,

Deine letzten Fotos waren wesentlich anregender. Also nicht, dass dieses Foto meine Phantasie nicht angeregt hätte, aber es führte zu weit weniger angenehmen Vorstellungen, wie sie mir dein Höschen bereitet hat. Ich gehe schwer davon aus, dass Du Dein Frühstück nicht alleine eingenommen hast in dieser dekadenten Form, sondern mit einer Person, mit der Du die Nacht geteilt hast. Ich hoffe, es handelte sich dabei um Dorothee, glauben kann ich es allerdings kaum.
Die Kopfschmerzen, die also eigentlich von Deinem Frühstück haben müsstest, hast Du mir nun bereitet. Wahrscheinlich war dies Dein Ziel, also Glückwunsch!

Da ich ja nun aber auch nicht völlig dämlich bin, und mir, obwohl Du Dein Ziel mich zu ärgern reicht hast, völlig klar ist, dass diese anregenden Gedanken im negativen Sinne, die Du auslösen wolltest, in erster Linie bezwecken sollen, dass wir uns am Wochenende sehen, so schlage ich Dir den Samstagvormittag vor. Ute ist ab etwa halb zehn unterwegs und nicht vor 14 Uhr wieder da, wie sie sagte, insofern könnten wir uns in diesem Zeitfenster sehen. Würde Dir das passen? Ich könnte dann zu Dir kommen, sobald sie unterwegs ist...

Zu Deiner Frage nach dem gestrigen Abend... auch wenn Du diese Antwort nach Deiner Mail nicht verdient hast, aber ja, ich bin alleine ins Bett gegangen. Es wäre sicherlich Gelegenheit gewesen, einen Braten vom Buffet zu entführen, aber man(n) muss schließlich nicht jede Gelegenheit mitnehmen, wenn Du verstehst. Manchmal tut ein wenig Ruhe auch ganz gut.

Ich würde mich freuen, wenn Du es am Samstag einrichten könntest....

Lars



Genüsslich starrte Lotte auf den Bildschirm. Dafür, dass ihr Abend vorgestern genauso harmlos gewesen war wie der von Lars, machte er sich ziemlich wilde Gedanken. Gut so, vielleicht kam er dann mal endlich zu Potte mit Ute.



 
Betreff: Samedi
Von: Anne-P.De-Mon@hotmail.de
An: L.Laslandes@koelnmail.de 
17:44 24.01.2013

Lieber Lars,

höre ich da einen gewissen Neid auf meinen Frühstückspartner heraus? Nun, der könntest auch Du sein, täglich. Aber wegen mir, fangen wir erst einmal mit Samstag an. 
Müssen wir uns wirklich bei mir treffen? Gegenüber ist eine Baustelle und die veranstalten die ganze Zeit einen fürchterlichen Lärm, das nervt doch. Können wir nicht auswärts frühstücken oder uns je nach Wetterlage im Park treffen oder ich komme zu Dir, wenn Ute sowieso nicht da ist?

A propos, die Frage, wann Du es zu beenden gedenkst, hast Du mal wieder geschickt umgangen. Am Samstag entkommst Du mir nicht so leicht... Und tolle Weihnachtsgeschenke bekommen nur brave Jungen, vergiss das nicht! ;-)

Kuss

Lotte



Lotte schickte die Mail ab, bevor sie länger darüber nachgrübeln konnte, wie schlau es war Lars zu fragen, ob sie sich nicht bei ihm treffen sollten. Wahrscheinlich würde sie die ganze Zeit unter Strom stehen und Panik haben, dass Ute nach Hause kommen könnte, sollte er sich tatsächlich darauf einlassen. Sie wollte eigentlich nur seine Reaktion auf diesen Vorschlag austesten und hatte kein ernsthaftes Bedürfnis, sich am Samstag in lasland'schen Wänden wiederzufinden.

Mittwoch, 23. Januar 2013

Allez les Bleus - Mittwoch, 23. Januar 2013

Lotte hatte Lars gestern Abend nicht mehr geantwortet. Sie hatte mit ihrer Vermutung richtig gelegen, dass Frau Klein ihr als Dank für ihre Hilfe ein Glas Rotwein anbieten würde und aus dem einen Glas waren schließlich drei geworden und sie hatte sich bereits leicht beschwipst gefühlt, als sie wieder in ihre Wohnung zurückgekehrt war. Wenige Minuten später hatte ihr Handy geklingelt und Doro hatte sie gefragt, ob sie sich nicht noch spontan auf einen Cocktail treffen sollten. Sie hatte sich gedacht, dass es darauf nun auch nicht mehr ankam und war mit Doro losgezogen. In einer Bar hatten sie zwei Typen kennengelernt und sich köstlich mit ihnen amüsiert. Schließlich waren sie noch mit zu Stefan, so hieß einer der beiden, nach Hause gegangen, um dort Alf auf DVD anzusehen, nachdem sie festgestellt hatten, dass sie alle große Alf-Fans waren. Da sie bereits ordentlich etwas intus hatten, war Alf noch viel lustiger gewesen als sonst. Das war das Letzte, woran Lotte sich vom gestrigen Abend erinnern konnte, irgendwann musste sie dann während einer Alf-Folge tatsächlich auf Stefans Sofa weggeknackt sein und die anderen hatten sie dort schlafen lassen. Als sie heute früh wach geworden war, waren Doro und Gregor bereits in Richtung Uni aufgebrochen und Stefan erklärte ihr entschuldigend, er habe gerade Frühstück machen wollen, aber festgestellt, dass er nur noch Bier im Kühlschrank habe. Lotte hatte lachen müssen, er war so unglaublich niedlich gewesen, wie er ihr fast hilflos gestand, nur Bier zu haben. Aus Spaß hatte sie erwiedert, Bier zum Frühstück ginge gar nicht, wenn, wolle sie schon einen Cocktail. Er hatte zu kontern gewusst und gemeint, dann würden sie jetzt auf die Zülpicher gehen und er würde ihr einen Cocktail und ein Bier zum Frühstück besorgen, oder was immer sie sonst wolle. Sie hatte noch viel mehr lachen müssen, aber er hatte es ernst gemeint und so hatte sie neben einem Brötchen, dass sie noch beim Bäcker an der Ecke gekauft hatten, tatsächlich ein Glas Kölsch und einen Cocktail gefrühstückt. Der Kellner hatte nicht schlecht geschaut bei ihrer Bestellung, aber er hatten ihnen alles serviert. Es war grandios gewesen. Nun war Lotte gerade vom Cocktailfrühstück wieder zu Hause, nachdem sie Schröder noch bei Frau Klein abgeholt hatte, wo sie ihn gestern Abend in weiser Voraussicht noch vorbeigebracht hatte, bevor sie aufgebrochen war und beschloss, dass es an der Zeit war, Lars sein Foto zu schicken. Sie hatte extra eins gemacht, während Stefan kurz auf Toilette gewesen war.



Betreff: Vive la France
Von: L.Laslandes@koelnmail.de
 
An: Anne-P.De-Mon@hotmail.de
12:01 23.01.2013

Guten Morgen, mein Hase!

Na, hast Du schön gefeiert? Entschuldige, dass ich Dir Deine Party nicht mit einem Foto als krönenden Abschluss versüßt habe, aber ich war unpässlich. Warum? Ich schicke Dir mein Frühstück als Foto, dann darfst Du raten. Du wolltest doch gerne ein Foto haben. Allez les Bleus, sage ich nur! :-)

Sehen wir uns eigentlich am Wochenende? Oder muss ich mich nach Frühstücksalternativen umsehen? Und wann gedenkst Du das mit Ute zu beenden, wenn doch schon wieder alles so grauenhaft ist?

Hast Du den Abend gestern eigentlich alleine ausklingen lassen? Oder gab es einen Festtagsbraten?

Bisous

Lotte

 

Dienstag, 22. Januar 2013

Oh, Traité de l' Élysée - Dienstag, 22. Januar 2013

Als der Wecker klingelte, spürte Lars, dass dies ein guter Morgen war. Der gestrige war kein guter Morgen gewesen. Eigentlich war es noch nicht einmal ein Morgen gewesen, er war erst gegen Mittag aus seinem Koma erwacht, nachdem er am Sonntag Abend zur Frustbekämpfung bis der Wirt ihn rausgekegelt hatte in einer Bar versackt war und anschließend zu Hause noch fast eine ganze Flasche Whiskey gesoffen hatte. Es war alles zuviel gewesen, er hatte sich komplett überfordert gefühlt durch Utes Ausraster und der Tatsache, dass er Charlotte nicht mehr viel länger würde vertrösten können. Dem Rest hatte ihm dann am Sonntagabend noch eine SMS von Franziska gegeben. Zwar hatte sie nur geschrieben Wann sehen wir uns wieder?, aber damit war klar gewesen, dass diese Affäre mit dem Treffen am Freitag keineswegs ausgestanden war. Er hatte sich einfach nur noch gewünscht Single zu sein und niemandem mehr überhaupt irgendetwas erklären zu müssen. Aufgrund der faktischen Unmöglichkeit der Erfüllung dieses Wunsches, hatte er seinen Frust dann ertränkt. So übel ertränkt, wie er es seit Jahren nicht getan hatte. Mit dem Erfolg, dass er am Montag den Wecker gar nicht erst gehört und seine eigene Vorlesung verschlafen hatte. Er war erst durch das wiederholte Klingeln seines Handys wieder in die Realität zurückgekehrt, als man von der Uni versuchte, ihn zu erreichen. Es war ihm unendlich peinlich gewesen und er hatte angegeben, mit hohem Fieber im Bett zu liegen, was man ihm offenbar auch geglaubt hatte, seine Stimme hatte vermutlich erbärmlich genug geklungen. Irgendwie war es ihm gelungen, hinunter zur Apotheke im Haus gegenüber zu wanken und sich Kopfschmerztabletten zu besorgen, mit deren Hilfe er sich gegen Abend langsam wieder als Mensch gefühlt hatte. Ungefähr eine Stunde, nachdem er es sogar geschafft hatte, ein wenig von einer Dosensuppe in sich zu behalten, hatte erneut sein Handy geklingelt und der Name Ute war im Display erschienen. Er hatte kurz mit sich gerungen, ob sein Magen und sein Kopf das Telefonat wohl überstehen würden, dann hatte er tapfer den Anruf angenommen. Eigentlich hatte er mit erneuten Tiraden oder Weinkrämpfen am anderen Ende der Leitung gerechnet, doch stattdessen hatte ihn eine kleinlaute Ute um Verzeihung gebeten. Sie habe mir Susanne gesprochen und die habe ihr vor Augen geführt, dass sie völlig überreagiert habe und es keinerlei Grund gebe, an seiner Story zu zweifeln. Lars hatte sein Glück kaum fassen können ausgerechnet von Susanne Schützenhilfe erhalten zu haben. Er hätte Ute beinahe gefragt, wie Susanne ihr die Kratzer erklärt hatte, sich aber gerade noch rechtzeitig eines Besseren besonnen. Stattdessen hatte er großherzig ihre Entschuldigung angenommen und ihr erklärt, froh zu sein, dass sie wieder zu Verstand gekommen sei und dass nun alles wieder gut wäre. Sein Rücken würde übrigens immer noch jucken, er würde wohl mal einen Allergietest machen lassen müssen in den Semesterferien, hatte er am Ende noch angefügt.
Nach dem Telefonat und dem restlichen Teller Suppe, der noch übrig gewesen war, war er mit einem Gefühl des Wohlbehagens in sein Bett gesunken. Alles war wieder gut, auch wenn ihm nicht klar war, wie es dazu hatte kommen können. Aber wenn er Franziska ruhig hielt, würde alles gut werden und er müsste nur noch die Sache mit Charlotte in den Griff kriegen. Und die Trennung von Ute, aber erst einmal musste Ruhe einkehren. Das waren seine letzten Gedanken vor dem Einschlafen gewesen und nun war er wieder wach, ohne Kater, mit deutlich weniger Sorgen als gestern noch und voller Tatendrang. In der Uni würden sie sich wundern, wie schnell er sich über Nacht von seinem Fieber erholt hatte und heute Abend würde er Lottchen eine richtig schöne Mail schicken. Vielleicht konnten sie ja auch telefonieren...

*****

Utes erstes Gefühl an diesem Morgen war grenzenlose Scham gewesen. Auch wenn Lars ihr versichert hatte, ihr nicht mehr böse zu sein, so war ihr doch klar, dass sie sich nicht mehr allzu viele von solchen ungerechtfertigten Ausbrüchen leisten konnte. Susanne hatte ihr gestern Abend die Augen geöffnet und ihr gehörig den Kopf gewaschen, was für eine paranoide Irre sie geworden sei und dass sie sich zusammenreißen müsse. Und sie hatte Recht. Während ihrer Schilderung der Umstände vom Wochenende hatte Susanne sie immer fassungsloser angesehen und sie am Ende gefragt, ob sie verrückt geworden sei, was sie denn glauben würde, wann Lars Charlotte getroffen haben solle, wenn sie selbst doch im Park vor ihr gestanden hätte, als Lars das einzige Mal länger alleine weg gewesen war. Daraufhin hatte sie Susanne von ihrem Verdacht erzählt, dass Charlotte am Samstag Vormittag bei ihnen gewesen sei, während sie mit Hugo unterwegs und einkaufen war. Susanne hatte sie zweifelnd angesehen und sie dann streng gefragt, wie lange sie denn weg gewesen sei. Kleinlaut hatte sie ihr erklärt, dass sie insgesamt etwa eine Stunde weg gewesen sei, erst zwanzig Minuten auf der Runde mit Hugo, dann kurz zu Hause um ihn abzuladen, um dann noch schnell zum Supermarkt zwei Straßen weiter zu radeln. Susanne hatte zu bedenken gegeben, dass diese Zeit doch recht knapp gewesen sei, zumal ja vorher völlig unklar war, wann genau sie das Haus verlassen würde und Charlotte sicherlich nicht im Gebüsch gelauert und auf ihre Chance gewartet hätte. Dann hatten sie alles durchgerechnet. Selbst wenn Lars Charlotte unmittelbar nach ihrem Aufbruch kontaktiert hätte, wäre alles sehr knapp und risikoreich geworden und als Susanne sie gefragt hatte, ob sie etwa glauben würde, dass Charlotte sich im Schrank versteckt gehalten hätte, als sie Hugo zu Hause abgeladen hatte und Lars im Wohnzimmer über seiner Zeitung gesessen hatte, hatte sie sogar kurz mit ihr mitlachen müssen. Doch dann war Susanne sehr ernst geworden und hatte ihr gesagt, dass sie paranoid sei und Lars sich unmöglich mit Charlotte getroffen haben konnte. Sie solle auch bedenken, dass Lars hochintelligent wäre und niemals einen solchen Fauxpas begangen hätte, sich ihr mit diesen Kratzern in der Badewanne zu präsentieren. Hätte er etwas zu verheimlichen gehabt, hätte er doch versucht, die Kratzer zu verbergen. Ute hatte es schließlich eingeleuchtet. So nüchtern, wie Susanne es ihr vorrechnete, war es völlig unmöglich, dass die Kratzer von Charlotte stammten. Er musste sich wirklich nachts gekratzt haben, wie er es behauptet hatte. Schließlich hatte Susanne ihr gesagt, falls sie Beweise bräuchte, solle sie doch mal in die Bettwäsche schauen, vielleicht würde sie dort Blutspuren finden, wenn er sich so zerkratzt habe. Kleinlaut hatte Ute gemurmelt, dass sie die Wäsche bereits voller Ekel in die Waschmaschine gestopft hatte, weil sie keine Spuren von Charlotte Holzkeim in ihrer Wäsche haben wollte und so jegliche mögliche Blutspuren bereits der Vergangenheit angehörten. Daraufhin hatte Susanne sie nur lachend in den Arm genommen und ihr gesagt, sie müsse cooler werden, aber sie sei bereits besser geworden, der Rest vom Wochenende habe doch gut geklappt und nun müsse sie sich schleunigst bei Lars für ihre Szene entschuldigen, sonst würde sie ihn wirklich noch Charlotte in die Arme treiben. 
Ute war gleich nach Hause gefahren, um Lars anzurufen und hatte vor Erleichterung fast zu Weinen begonnen, als er nach dem fünften Klingeln endlich abgenommen hatte. Sie hatte befürchtet, er würde am Ende gar nicht rangehen, verdient hätte sie es gehabt, aber er war sehr ruhig und freundlich gewesen und hatte ihr sofort verziehen. Vielleicht hatte er ja auch ein ganz klein wenig ein schlechtes Gewissen gehabt, immerhin war er ja nicht völlig unschuldig, sondern nur in diesem Fall. Trotzdem war sie unendlich erleichtert gewesen, dass nun alles wieder gut war. Zumindest hoffte sie das. Schämen für ihr Verhalten tat sie sich aber immer noch. Sie würde sich an diesem Wochenende noch mehr Mühe geben müssen, um den Ausgang des letzten wiedergutzumachen.

*****

Als Lotte am Abend ihre Mails abfragte, war endlich die ersehnte Post von Lars da. Freudestrahlend öffnete sie die Mail. Das war genau das Richtige, nachdem sie sich stundenlang mit ihrem Nachhilfeschüler herumgeärgert hatte, der einfach überhaupt nichts hatte verstehen wollen heute.



Betreff: 50
Von: L.Laslandes@koelnmail.de
 
An: Anne-P.De-Mon@hotmail.de
16:59 22.01.2013

Liebe Charlotte,

entschuldige, dass ich so lange habe auf mich warten lassen, ich war sehr im Stress und gesundheitlich auch ein wenig angeschlagen, dadurch wurde es nicht besser. Zu allem Übel hat Ute auch noch rumgenervt - ich bin wirklich froh, wenn das alles vorüber ist.

Aber nun zu erfreulicheren Dingen. Heute ist der 50. Jahrestag des Élysée-Vertrages, das ist Dir sicherlich bekannt. Auch hier in Paris wird gefeiert und auch im Institut, ich werde gleich noch bei den Feierlichkeiten vorbeischauen und freue mich sehr auf's Buffet. Eigentlich hatte ich heute mit Dir telefonieren wollen, aber das wird alles zu eng, ich muss mich vorher noch ein wenig aufhübschen, dort sollte ich im Anzug erscheinen. Vielleicht können wir ja morgen Abend einmal telefonieren, hast Du Zeit? Ich hätte sehr gerne die deutsch-französische Freundschaft mit Dir hier gefeiert, meine Liebe. Mit wem wäre es passender gewesen? Schade, dass Du nicht hier bist, wirklich. Ich bin mir sicher, wir hätten den Feierlichkeiten zu einem ganz besonderen Höhepunkt verholfen, bzw. Du mir, auf Französisch.

Ich werde an Dich denken, gleich auf der Feier. Ich kriege Dich sowieso nicht aus dem Kopf. Dein ominöses Weihnachtsgeschenk übrigens auch nicht - magst Du mir nicht ein weiteres Hinweisfoto senden? Vielleicht eins, mit dem ich dann diesen historischen Abend gebührend ausklingen lassen kann?

Ganz bei Dir

Lars



Lotte schüttelte den Kopf. Was war er bloß für ein geiler Bock. Trotzdem liebte sie ihn, oder gerade dafür. Mal sehen, vielleicht würde sie sich noch etwas für ihn einfallen lassen. Jetzt musste sie erstmal mit Schröder seine Runde drehen und danach hatte sie Frau Klein versprochen, ihr beim Aufhängen eines Bildes zu helfen. Erfahrungsgemäß lud die alte Dame sie nach solchen Diensten noch auf ein Glas Wein ein. Vielleicht würde sie das zu einem Foto für Lars inspirieren. Auch wenn es kaum ein passenderes gab zum Jahrestag des Élysée-Vertrags, als das von ihr in bleu blanc rouge. Aber das sollte schließlich das Weihnachtsgeschenk sein und kein Hinweis.

Montag, 21. Januar 2013

Stinkefinger - Montag, 21. Januar 2013

Als der Wecker klingelte, hatte Ute sich völlig erschlagen gefühlt und wäre am liebsten einfach liegengeblieben, aber Lethargie brachte sie kein Stück weiter und so riss sie sich zusammen, stand auf, versuchte unter der heißen Dusche ein wenig Lebensgeister zu wecken, kochte sich dann einen Tee und ging mit Hugo seine Runde. Anschließend überwand sie sich, wenigstens einen Apfel zu essen, auch wenn sie keinerlei Appetit mehr verspürte sei den Ereignissen am Samstag Abend. Lars hatte gestern Abend ein einziges Mal versucht sie telefonisch zu erreichen, aber sie hatte den Hörer nicht abgenommen. Weitere Bemühungen hatte er nicht unternommen. Sie fragte sich, ob sie ihm wirklich so wenig wert war oder ob ihm die Ideen ausgegangen waren oder warum er sich sonst nicht meldete. Vielleicht war es aber auch einfach nur seine Art. Lars war kein Mensch, der Frauen hinterherlief, das hatte er offensichtlich ja auch nicht nötig, dachte sie verbittert. Wahrscheinlich fühlte er sich auch noch völlig im Recht. Aber die Kratzer auf seinem Rücken hatten eine eindeutige Sprache gesprochen, so sehr konnte er sich nachts überhaupt nicht gekratzt haben ohne etwas zu bemerken. Auch wenn ihr immer noch nicht klar war, wann er das verdammte Biest getroffen haben konnte, weil ihr keine der Möglichkeiten richtig plausibel erschien. Sie mochte sich nicht vorstellen, dass sie ihm Unrecht getan hatte mit ihrem Ausbruch. Aber nein, er musste lügen, solche Kratzer hatte er sich nicht selbst zugefügt. Teilweise hatte es sogar so ausgesehen, als hätte sie ihm ihre Fingernägel in den Rücken gebohrt. Das sprach erst recht gegen ein unbewusstes nächtliches Kratzen. Wann auch immer es gewesen sein mochte, aber er musste Charlotte getroffen haben. Am Abend würde sie sich mit Susanne treffen und ihr alles ausführlich berichten. Vielleicht würde sie mit ihrer Hilfe erkennen, wann Lars sein Rendezvous hatte, irgendetwas übersah sie, da war sie sich sicher. Aber sie konnte auch kaum einen klaren Gedanken fassen, Susanne würde es sicherlich erkennen mit ihrer rationalen Art.
Der Gedanke, dass Susanne wenigstens dieses Problem würde lösen können, baute sie wenigstens ein bisschen auf. Sie nahm noch einen Schluck Tee, dann ging sie ins Bad und wusch sich das Gesicht mit eiskaltem Wasser, um die Schwellungen vom Weinen wenigstens ein bisschen zu bekämpfen. Anschließend versuchte sie den Rest soweit wie möglich mit Make Up zu beheben, aber in diesem Fall hätte selbst Camouflage nicht alle Spuren von so vielen Tränen beseitigen können.
Als sie das Schlimmste beseitigt hatte, machte sie sich auf den Weg zur Uni. Sie musste ihre Übung irgendwie abhalten, eine Woche vor den Klausuren durfte sie sie nicht ausfallen lassen. Sie hoffte bloß, dass ihr nicht plötzlich wieder die Tränen kommen würden.

Sie überstand die Übung ohne größere Zwischenfälle, auch wenn es sie ihre komplette Selbstbeherrschung gekostet hatte und ihre Konzentration zu wünschen übrig gelassen hatte. Danach ging sie noch schnell in ihr Büro, um dort ein paar Unterlagen abzuheften und zu schauen, ob Post für sie angekommen war. Dort stellte sie fest, dass sie noch ein paar Kopien für die andere Übung anfertigen musste. Als sie auf den Flur trat, um zum Kopierraum zu gehen, traf es sie wie ein Schlag. Neben der Tür des Kopierraums, vor dem Sekretariat, stand dieses verdammte Flittchen mit einer anderen Studentin und beide kicherten vergnügt, wie kleine Mädchen. Ute wich zurück in ihr Büro und drückte hastig die Tür hinter sich zu. Mit dem Rücken gegen die Tür gelehnt verharrte sie und atmete tief ein, in der Hoffnung, so gegen die aufsteigenden Tränen anzukommen. So kämpfte sie zehn Minuten, bis sie sich wieder gefangen hatte. Sie fragte sich, was dieses Biest wohl zu kichern hatte, ob sie der anderen womöglich gerade erzählt hatte, wie sie Lars ihre Krallen in den Rücken gebohrt hatte. Ute wurde schwarz vor Augen. Sie ließ sich schnell in ihren Bürostuhl fallen, atmete abermals tief durch und beschloss, dass sie die Kopien auch morgen noch machen konnte. Sie blieb noch ein paar Minuten still sitzen, bis sie sich wieder einigermaßen gefestigt fühlte, dann raffte sie schnell ihre Sachen zusammen, zog sich den Schal über den Mund und die Mütze tief ins Gesicht und verließ fast fluchtartig das Gebäude.
Erst als sie schon 200 m fast blind über den Campus gestürmt war, fiel ihr ein, dass sie in die falsche Richtung lief. Sie war gar nicht mit dem Auto, es hatte nicht anspringen wollen, wie so oft bei dieser Kälte. Das Rad stellte sie aber immer auf der anderen Seite vom Campus ab, so dass sie wieder zurück musste. Als sie am neuen Seminargebäude vorbei eilte, stachen ihr plötzlich die bunten Graffitis an der Treppe ins Auge, die dort seit kurzer Zeit prankten und jetzt durch den Schnee besonders hervorgehoben wurden. Genau so fühlte sie sich gerade...


*****

Als Lotte abends von der Uni heimkam, fragte sie als Erstes ihre Mails ab. Aber nichts, immer noch nichts von Lars. Sie war genervt. Er hatte doch gesagt, die Pause war vorbei, warum zum Teufel meldete er sich also nicht? Sie würde ihm ein bisschen Dampf machen...



Betreff: Hallo?!
Von: L.Laslandes@koelnmail.de
 
An: Anne-P.De-Mon@hotmail.de
18:54 21.01.2013

Lars?!

Halloooo? Guckguck?! Ich dachte, die Pause ist vorbeiiiii???

Ich warte!!!

Lotte

Sonntag, 20. Januar 2013

Sunday, Bloody Sunday - Sonntag, 20. Januar 2013

Als Lars die Haustüre hinter sich schloss, war er sich sicher, dass er noch nie so erleichtert gewesen war, nach Paris aufbrechen zu können. Nachdem das Wochenende fast perfekt gelaufen war, hatte es gestern Abend einen traurigen Höhepunkt bekommen, dessen Auslöser seine grenzenlose Blödheit gewesen war, anders konnte man es nicht sagen. Seine Geilheit musste seinen Verstand ausgehebelt haben, anders war es nicht zu erklären, wie er so dumm gewesen sein konnte, Ute in der Badewanne zu erwarten. Er hatte die Kratzer auf seinem Rücken völlig vergessen gehabt und sie waren ihm erst wieder eingefallen, als er, nachdem er Ute bewiesen hatte, dass man auch im begrenzten Raum einer Badewanne ziemlich guten Sex haben konnte, aus der Wanne gestiegen war, um ihr ein wenig mehr Platz zur Erholung zu gönnen und ihr beim Blick auf seinen Rücken ein seltsames Geräusch entfahren war. Erschrocken hatte er sich umgedreht und in ihr völlig verzerrtes Gesicht gesehen, als sie ihn bereits angeschrien hatte, was das für Kratzer auf seinem Rücken seien. Er hatte gespürt, wie all sein Blut zurück vom Unterleib in den Kopf schoss und gehofft, wenigstens nicht sichtbar zu erröten. Dann hatte er behauptet, keine Ahnung zu haben und sich selbst die Kratzer im Badezimmerspiegel betrachtet. Ute hatte getobt, geschrien und geheult. Er hatte kaum etwas verstanden von dem, was sie ihm an den Kopf geworfen hatte, so sehr hatte sie dabei geweint. Er hatte versucht sie zu beruhigen und auf sie eingeredet, dass er sich nachts gekratzt haben müsse, ohne es zu merken, vielleicht habe er eine Hausstaubmilbenallergie, aber sie hatte ihm kein Wort geglaubt. Schreiend war sie aus der Wanne gestiegen und ohne sich abzutrocknen auf ihn zugestürzt, hatte ihn angebrüllt und auf seine Brust getrommelt wie ein verzweifeltes kleines Kind. Alle seine Versuche, sie in den Arm zu nehmen oder irgendwie zu beruhigen hatte sie abgewehrt und schließlich hatte sie, diesmal deutlich verständlich und unglaublich laut "Raus!" geschrien und ihn völlig nackt und ohne Handtuch aus dem Badezimmer gestoßen. Nachdem er sich aus dem Schrank mit einem Handtuch und anderer Kleidung versorgt hatte, war er wieder zum Bad gegangen und hatte mit ihr reden wollen, doch sie hatte die Türe verschlossen und gab ihm keine Antwort. Dieser Zustand hatte drei Stunden angedauert. Drei Stunden, in denen er fünf Mal vergeblich vor der Tür gestanden und versucht hatte, mit ihr zu reden. Manchmal hörte er gar nichts, manchmal hörte er sie weinen. Zwischendurch war eine gewisse Panik in ihm aufgestiegen, dass sie sich etwas antun könnte und er sah Bilder vor sich, wie sie mit dem Föhn in der Badewanne lag oder sich mit der Nagelschere die Pulsadern aufgeschlitzt hatte. Es waren grauenvolle drei Stunden gewesen, bis sie endlich aus dem Bad gekommen war. Weiß wie die Wand war sie gewesen, einzig ihre Nasen und ihre Augen waren rotgeweint und dick verquollen. Er hatte sie in den Arm nehmen wollen, aber sie hatte ihn wieder weggestoßen und ihn angeschrien, er solle sie bloß nie wieder anpacken. Er hatte auch noch einmal zu einer Erklärung ausgeholt, aber sie hatte ihm sofort das Wort abgeschnitten und ihn angebrüllt, er solle sich seine verdammten Lügen sparen, sie wolle nichts mehr hören. Danach hatte er es nicht mehr versucht, zumal er ihr zugegebenermaßen keine besonders geistreiche Erklärung für die Kratzer hätte bieten können.
Er hatte überlegt, ob es sinnvoller wäre auf der Couch zu schlafen, dann aber beschlossen, dass das einem Schuldeingeständnis gleichkäme und sich dagegen entschieden. Doch als er zum Schlafzimmer kam, hatte Ute ihm die Entscheidung abgenommen. Es war abgeschlossen. Auf seine Frage, ob sie freundlicherweise wenigstens sein Bettzeug herausgeben könnte, erfolgte keinerlei Reaktion. Er hatte sich dann notdürftig mit einer Tagesdecke und dem Sofakissen ein Lager auf der Couch bereitet, was ihm heute früh unerträgliche Nackenschmerzen als Folge beschert hatte. Zusätzlich quälte ihn ein Kater, der wohl der halben Flasche Whiskey geschuldet war, die er benötigt hatte, um überhaupt einschlafen zu können.
Ute hatte ihn wie Luft behandelt und jegliche Versuche mit ihr zu reden komplett ignoriert. Er hatte schließlich aufgegeben und stattdessen beschlossen, die drei Stunden bis zu seiner Abfahrt in seinem Bett zu verbringen, um wenigstens ein bisschen erholsamen Schlaf zu finden, nachdem die Schlafzimmertür augenscheinlich wieder offen war.
Als er das Schlafzimmer betreten hatte, fand er sein Bettzeug auf dem Boden vor, darauf ein Berg Kleidung von ihm, den Ute aus zwei Fächern aus dem Schrank gewischt hatte. Immerhin lag nicht sein kompletter Schrankinhalt draußen, ausziehen musste er also noch nicht, hatte er zynisch gedacht, während er die Bettwäsche unter der Kleidung hervorzog und sich sein Bett wieder einrichtete. Trotzdem war an Schlaf nicht zu denken gewesen, er hatte maximal 20 Minuten gedöst, wenn überhaupt. Dieser Zustand hatte ihn einfach wahnsinnig gemacht und er hatte keine Idee gehabt, wie er mit Ute sprechen sollte. Ganz abgesehen davon, dass sie offensichtlich ohnehin nicht gewillt war, ihm zuzuhören, wusste er nicht, was er ihr hätte sagen sollen. Natürlich hätte er ihr einfach die Wahrheit sagen können und damit auch gleich den ersten Schritt in Sachen Trennung hinter sich gehabt, aber er fühlte sich nicht bereit dafür. Er wollte das ordentlich machen, nicht jetzt und nicht in so einem Zustand. Es sollte dabei nicht um so ein Dummchen wie Franziska gehen, das wäre viel zu demütigend für Ute. Er brauchte irgendeine glaubhafte Erklärung für diese verdammten Kratzer, davon hing alles ab. Wie hatte er nur so dumm sein können sie zu vergessen?
Die Fragen quälten ihn immer noch, während er im Thalys saß und die verschneite Idylle drau´ßen ans sich vorbeirauschen sah.

*****

Als Lars endlich gegangen war, ließ Ute sich auf's Sofa fallen und begann hemmungslos zu weinen. Sie hatte nicht gewollt, dass er noch mehr Tränen von ihr sah und sich bis jetzt eisern zusammengerissen, aber nun war es vorbei. Die Tränen rannen ihr über die Wangen und sie hatte das Gefühl, als würde es überhaupt nicht mehr aufhören. Sie griff nach dem Kissen und drückte ihr Gesicht hinein - es roch so sehr nach ihm, er hatte letzte Nacht darauf geschlafen. Allein diese  Feststellung führte bei ihr zu noch mehr Tränen, während sie versuchte, seinen Geruch aufzusaugen, als käme er ihr dadurch wieder näher. 
Wie hatte das alles nur passieren können? Das Wochenende war bis zum gestrigen Abend nahezu perfekt gewesen, sie hatten sich richtig gut verstanden und sie hatte sich ihm so nahe gefühlt wie schon lange nicht. Und dann stieg er plötzlich aus der Wanne, nachdem er sie gerade noch geliebt hatte und sie sah diese Kratzer auf seinem Rücken. Es war wie ein Schlag ins Gesicht gewesen. Sie hatte das Gefühl gehabt ersticken zu müssen. Für wie blöd hielt er sie, dass er ihr diese Kratzer auch noch so offensichtlich präsentierte? War er etwa stolz darauf? Sie verstand es nicht. Und sie fragte sich die ganze Zeit, wann zum Teufel er Charlotte getroffen haben konnte. Er hatte so wenig alleine unternommen in diesen Tagen, dass sie es fast für unmöglich gehalten hätte. Die einzige plausible Gelegenheit erschien ihr, dass das Treffen am Freitag vorgeschoben gewesen war, aber das konnte nicht sein, schließlich war ihr Charlotte im Park begegnet und demzufolge eindeutig nicht damit beschäftigt gewesen, ihre Krallen in seinen Rücken zu bohren. Aber wann dann? Gestern Vormittag, als sie kurz einkaufen gewesen war oder mit dem Hund draußen? Aber in dieser kurzen Zeit konnte er doch unmöglich bei ihr gewesen sein. Plötzlich hatte sie abermals das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Ihr ganzer Körper bebte, so sehr schluchzte sie. War am Ende Charlotte hier gewesen und sie hatten es in ihrem Ehebett getrieben? Der Gedanke traf sie wie ein Schlag. Es schien ihr die einzig plausible Lösung zu sein.
Blind vor Tränen stürmte sie ins Schlafzimmer, riss die gesamte Bettwäsche herunter und stopfte sie in die Waschmaschine. Bevor sie das Bett neu bezog, nebelte sie die Matratze mit Desinfektionsspray ein. Es war ihr völlig egal, wie sehr das Bett am Ende danach stinken würde, alles war besser als der Geruch von Lars und diesem Flittchen.

Samstag, 19. Januar 2013

Unterschiedliche Ligen - Samstag, 19. Januar 2013

Das Mittagessen bei Utes Eltern war ganz hervorragend gewesen. Ihre Mutter konnte wahrhaft um Längen besser kochen als sie und Lars hatte alle drei Gänge in vollen Zügen genossen. Nach dem Essen hatte er sich mit einem weiteren Glas Rotwein und einer Zigarre gemeinsam mit Harald, Utes Vater, vor den Kamin gesetzt und über Politik diskutiert, während die Frauen in der Küche Ordnung schafften. Genau so gehörte es sich seiner Meinung nach. Ebenso, wie von Anfang an klar gewesen war, dass Ute auf dem Rückweg fahren würde. Er fuhr ansonsten lieber selbst, aber wenn es darum ging, wer trinken und wer fahren durfte, waren die Rollen klar verteilt. Nach dem Kaffee, Utes Mutter hatte einen ebenfalls hervorragenden Apfelkuchen gebacken, hatten sie sich verabschiedet, zumal Harald wenigstens die zweite Halbzeit seiner Leverkusenser hatte sehen wollen. Das hatte Lars an Charlotte erinnert, die Bayer Leverkusen zutiefst verachtete als Köln-Fan, soviel hatte selbst er als vollkommen Ahnungsloser in Sachen Fußball inzwischen verstanden. Er fragte sich, ob Köln heute wohl auch spielte und Charlotte gar im Stadion war. Er würde sie später fragen, er musste sowieso noch ihre Mail beantworten.

Als sie wieder zu Hause angekommen waren, wollte Ute als Erstes mit dem Hund raus. Sie fragte ihn, ob er nicht mitkommen wolle, aber er hatte bereits die wenigen Schritte bis zum Auto als so elendig kalt empfunden, dass er kein Bedürfnis verspürte, mit dem Winzling durch die Kälte zu stapfen. Außerdem konnte er Charlotte wenigstens in Ruhe antworten, wenn Ute mit Hugo unterwegs war. Er hatte mit ihr vereinbart, dass sie zehn Minuten bevor sie wieder zu Hause wäre anrufen sollte und dann würde er ihr ein heißes Bad einlassen. Damit war sie ruhig gestellt und er brauchte nicht befürchten, von ihr überrascht zu werden.



Betreff: Fußball?
Von: L.Laslandes@koelnmail.de
 
An: Anne-P.De-Mon@hotmail.de
16:50 19.01.2013

Liebe Charlotte,

entschuldige, dass ich Dir gestern nicht mehr geantwortet habe, aber es gab dann sehr plötzlich Essen und danach ergab sich keinerlei Gelegenheit mehr, Dir in Ruhe zu schreiben. Eben waren wir bei den Schwiegereltern und nun ist Ute mit dem Hund unterwegs, so dass ich unbeobachtet antworten kann. Ich hoffe, Du bist nicht wieder auch gerade mit Schröder unterwegs. Solche Begegnungen brauchen wir sicherlich beide nicht allzu oft, wie Ihr sie gestern hattet. Im ersten Moment war ich auch gehörig erschrocken, als ich Deine Schilderung gelesen habe, muss ich gestehen, aber nüchtern betrachtet wird sie tatsächlich bestenfalls bemerkt haben, dass die Hunde sich kannten und dafür kann es vielerlei Gründe geben. Insofern also kein Grund zur Sorge.
Bist Du am Ende gerade gar im Fußballstadion? Ich habe bei meinem Schwiegervater mitbekommen, dass die Liga wieder begonnen hat. Allerdings ist er ein Fan von Bayer Leverkusen und hat dieses Spiel geschaut, so dass ich keinerlei Ahnung habe, was Köln gerade treibt?

Die Klausuren sind tatsächlich ein Argument, gegen das auch ich nicht ankomme. Schau einfach wie es Dir passt, falls es nicht geht mit Paris, machen wir es anders. Dein Vorschlag, dass ich erst am Montagmorgen nach Paris fahre wäre möglicherweise tatsächlich auch eine Option, das muss ich aber schauen, wenn ich am Montag in der Uni bin, was an dem Montag danach ansteht, dann sage ich Dir Bescheid.

Was treibst Du sonst Schönes an diesem Wochenende? Gehst Du heute Abend aus? Muss ich mich gar vor dem Mann vom Süßigkeitenautomaten fürchten?

Liebe Grüße sendet Dir 

Dein Lars




Kaum hatte Lars auf Senden geklickt, klingelte das Telefon und Ute teilte mit, dass sie gleich da wäre. Er ging ins Bad, um Badewasser einzulassen und beschloss dann, dass eigentlich nichts dagegen sprach, in der Badewanne auf sie zu warten. Er zog sich aus, dann lief er schnell noch nackt in die Küche und holte eine Flasche Champagner aus dem Kühlschrank und zwei Gläser und ging damit zurück ins Bad. Er hatte gerade die Flasche geöffnet und eingeschenkt und sich selbst in die Wanne gelegt, als er die Haustür hörte.
"Lars?", hallte Utes fragende Stimme durch den Flur.
"Hier, es ist angerichtet!"

*****
Gebannt starrte Lotte auf den Bildschirm und verfolgte den Liveticker der 1. Bundesliga. Sie hatte 20 Euro auf einen 3:0 Sieg der Bayern gegen Fürth gewettet, aber das dritte Tor wollte einfach nicht fallen. Plötzlich ploppte eine neue Email auf, sie war von Lars. Der konnte jetzt auch mal warten, bis das Spiel vorbei war...


Betreff: Fußballlegastheniker!
Von: Anne-P.De-Mon@hotmail.de
An: L.Laslandes@koelnmail.de
17:29 19.01.2013
 
Lieber Lars,
 
zu Deiner Aufklärung, der 1. FC Köln spielt leider noch wenige Wochen bis zum Sommer in der 2. Liga und die hat noch nicht wieder begonnen - deswegen vertreibe ich mir die Zeit damit, 20 Euro auf einen 3:0 Sieg der Bayern zu setzen, der nicht eintritt. Man gönnt sich ja sonst nichts.
 
Da hast Du also gerade ein bisschen heile Familie simuliert? Oder läuft es gerade wirklich so gut zwischen Euch, dass der Besuch bei den Schwiegereltern Dir Freude bereitet?
 
Ich werde heute Abend wohl mit Doro auf die Piste gehen. Mal sehen, wem wir dabei begegnen, vielleicht ja auch dem Mann vom Süßigkeitenautomaten. Auch Köln ist manchmal nur ein Dorf.
 
Gruß
 
Lotte

Da ist was im Busch - Freitag, 18. Januar 2013

Lars hatte Glück gehabt. Ute war zwar zu Hause gewesen, als er angekommen war, allerdings war sie gerade auf dem Sprung, um noch etwas für's Abendessen einzukaufen, so dass sie nur kurz fragte, ob sie produktiv gewesen wären und dann zur Tür hinaus war, er also unbehelligt duschen konnte.
Während er später im Arbeitszimmer saß, kümmerte sie sich ums Abendessen. Sie hatte ihm versprochen, heute Abend wieder etwas ganz Besonderes für ihn zu zaubern und ihm dann verraten, dass sie Ravioli selbst machen und mit Steinpilzen füllen wollte. Er war gespannt gewesen und das Ergebnis hatte sich wirklich sehen lassen können, auch wenn es nicht hunderprozentig sein Geschmack gewesen war, so hatte er doch die Mühe zu schätzen gewusst, die sie sich gemacht hatte. Und es hatte den angenehmen Nebeneffekt gehabt, dass sie zwei Stunden in der Küche herumgewerkelt hatte, in denen er ungestört seinen Gedanken und Gelüsten im Arbeitszimmer nachgeben konnte.
Charlottes Mail hatte ein anderes Foto enthalten, als er erwartet hatte. Was nicht bedeutete, dass es ihm nicht gefallen hätte. Nur hatte er eben mit einem Foto von der ganzen Charlotte gerechnet und nicht nur von ihren Füßen. Allerdings hatte sie sehr hübsche Füße, das musste man ihr lassen und ihn den Schuhen, die er ihr seinerzeit geschenkt hatte, waren sie natürlich umso schöner. Da ihre Beine offensichtlich nackt waren in den Schuhen und sie gesagt hatte, es handele sich bei diesem Foto um einen Vorgeschmack auf sein Weihnachtsgeschenk, hatte das Bild mächtig seine Phantasie angeregt und er hatte sich ausgemalt, wie es wohl nach oben hin weitergegangen wäre. Was er ihr dann schreiben musste, auch wenn ihm klar war, dass eine klärende Kommunikation womöglich angebrachter gewesen wäre. Aber er hatte nicht widerstehen können und sie war tatsächlich online gewesen und hatte das Spielchen mitgespielt.



Betreff: Interessant...
Von: L.Laslandes@koelnmail.de
 
An: Anne-P.De-Mon@hotmail.de
17:01 18.01.2013

Liebe Charlotte,

ich habe gerade das Amuse-Gueule genossen. Sehr spannend, das macht in der Tat Lust auf mehr. Allerdings lässt es mich auch mit einem gewissen Fragezeichen zurück. Was wird das Geschenk sein? Der Blick nach oben? Also sozusagen der Rest vom Bild? Oder doch Du, gefesselt mit der Kette an Deinen Füßen zu meiner Verfügung? ;-) Eine sehr reizvolle Vorstellung...
Erzähl mir mehr, Lottchen, bitte!

In Hochspannung,

Lars




Betreff: RE: Interessant...
Von: Anne-P.De-Mon@hotmail.de
An: L.Laslandes@koelnmail.de
17:13 18.01.2013
 
Oho,
 
kaum stehen Monsieur unter Hochspannung, können Sie sich also melden? ;-)
Du wünschst Dir also mich, an den Füßen gefesselt mit Christbaumschmuck, zu Deiner Verfügung? Du machst mir Angst! Was sind denn das für seltsame Vorlieben, Monsieur Laslandes? Ein Glück für das Christkind, dass es blond ist, sonst möchte ich nicht wissen, wie es ihm ergangen wäre bei Dir.
Sorry, aber irgendwie finde ich das gerade wahnsinnig lustig, diese Vorstellung. Ich schrei mich weg! Wenn das jemand an der Uni wüsste...
Schon gut, zurück zum Thema... also wenn es das ist, was Du Dir wünschst, da wäre ich durchaus flexibel. Wobei ich anderes Material zum Fesseln hier habe, vielleicht könnten wir das nehmen. Aber ich war bei den Pfadfindern, ich weiß, wie man Knoten macht. Da sollten wir uns demnächst noch einmal ausführlicher drüber unterhalten.
Mein Geschenk für Dich ist aber etwas anderes, da ist der Ansatz mit dem Bild der Klügere. Ich könnte Dir noch eins schicken, um Dir auf die Sprünge zu helfen...
 
Lotte
 
 
 
 

Betreff: RE: RE: Interessant...
Von: L.Laslandes@koelnmail.de
 
An: Anne-P.De-Mon@hotmail.de
17:18 18.01.2013

Sag mal, was hat man Dir denn gegeben? Dir bekommt wohl unser Entzug nicht. Keine Sorge, ich werde nicht darauf bestehen, Dich mit Christbaumschmuck zu fesseln, ich fessle Dich, womit auch immer Du willst. Und ich werde Dich auch nicht mit Kugeln schmücken.
Beruhigt Dich das genügend, um mir das nächste Bild zu schicken?




Betreff: Na gut.
Von: Anne-P.De-Mon@hotmail.de
An: L.Laslandes@koelnmail.de
17:22 18.01.2013
 
Du hast mich beruhigt... vorerst.
Und, was machst Du nun aus diesem Bild? ;-)
 
 





Betreff: RE: Na gut.
Von: L.Laslandes@koelnmail.de
 
An: Anne-P.De-Mon@hotmail.de
17:25 18.01.2013

Das ist ein Höschen im Schnee. Wahrscheinlich DEIN Höschen im Schnee? Du machst mich schwach. Was zur Hölle ist das für ein Geschenk? Kann man eventuell mehr sehen? Also noch ein Bild, das mehr Rückschlüsse über das Schicksal dieses Höschens oder seiner Besitzerin zulässt?
Sei so gut! 





Betreff: Letzte Chance!
Von: Anne-P.De-Mon@hotmail.de
An: L.Laslandes@koelnmail.de
17:28 18.01.2013
 
Das ist das letzte Bild, mehr gibt es nicht als Vorschau, da musst Du Dir dann schon Dein Geschenk abholen kommen. A propos... wann sehen wir uns?
Lotte
 
 





Betreff: Da ist was im Busch ;-)
Von: L.Laslandes@koelnmail.de
 
An: Anne-P.De-Mon@hotmail.de
17:45 18.01.2013

Lottchen, Lottchen!

Was zur Hölle? Ich meine, weißt Du, was mir gerade für Gedanken durch den Kopf gehen? Da schickst Du mir Dein Höschen, das im Baum/Busch hängt. Also es sieht zweifellos schön aus, aber weißt Du, was ich mir gerade alles ausmale bezüglich dieses Weihnachtsgeschenks? Du machst mich fertig, wirklich! 
Ich bin einerseits völlig ratlos, was es sein könnte und andererseits habe ich ungefähr 200 Ideen, die alle völlig absurd sind, aber nicht zu absurd, als dass Du es nicht bringen würdest. Ich meine, wer sein Höschen in den Busch hängt... Mal ernsthaft, der Gedanke, was Passanten gedacht haben müssen, als sie dich gesehen haben, war gerade mindestens so erheiternd für mich wie für Dich die Vorstellung vom gefesselten Christkind eben. Was immer Du also getan hast - ich bin jetzt schon zutiefst beeindruckt und wahnsinnig neugierig.
Und ich bin mir sicher, dass ich sowas von keiner anderen Frau je bekommen würde. Du bist einfach einzigartig, Lottchen. Glaub mir, ich weiß, was ich an Dir habe, ich weiß es wirklich zu schätzen und gerade das macht es manchmal nicht einfacher. Wir können uns dieses Wochenende noch nicht sehen, es ist zeitlich einfach unmöglich, wir müssen morgen noch zu Utes Eltern und am Sonntag zwischen Tür und Angel hatte ich zwar überlegt, aber ich möchte das nicht. Ich möchte, dass wir uns das nächste Mal in Ruhe sehen, ohne Druck, einen Zug erwischen zu müssen oder irgendetwas. Also entweder in meiner nächsten Köln-Periode oder Du kommst mich nochmal in Paris besuchen, das würde alles noch viel entspannter gestalten. Allerdings ginge das nicht in dieser Woche, sondern erst in der Woche danach, da ich in der kommenden viel zu viele Termine habe, um wirklich Zeit für Dich zu finden. Aber falls Du es in der Woche danach einrichten könntest? Ich würde Dir natürlich die Fahrt bezahlen und falls Du Entschuldigungen für die Uni benötigst, sag mir bei wem und ich schaue, was in meiner Macht steht...
Du fehlst mir, viel mehr als mir lieb ist teilweise.
Ach Lotte...
Aber lass uns bis dahin wenigstens wieder regelmäßig mailen, sonst wird mir der Entzug zu groß. Ist das ok für Dich?
Kuss

Lars





Betreff: RE: Da ist was im Busch!
Von: Anne-P.De-Mon@hotmail.de
An: L.Laslandes@koelnmail.de
18:18 18.01.2013
 
Kein weiterer Kommentar mehr von mir zum Geschenk, das bekommst Du dann bei nächster Gelegenheit, bis dahin darfst Du Dich mit Deinen Phantasien vergnügen. Aber lass mich gerne in Deinen nächsten Mails bis dahin daran teilhaben. Ich bin mir sicher, da werden wir beide große Freude dran haben. Vielleicht lasse ich mich ja eventuell auch doch noch zu weiterem Input erweichen, je nachdem, wie gut Du Dich anstellst... Oder Du bringst mich gar noch auf neue Ideen.
 
Was das Wiedersehen angeht... mir wäre Köln lieber. Also nicht, dass ich keine Lust hätte nach Paris zu kommen, es war wunderschön, aber übernächste Woche ist die letzte Semesterwoche und da sind Klausuren, wie Du Dich möglicherweise erinnern kannst. Insofern gaaanz schlecht mit Wegfahren. Aber schauen wir mal, was sich ergibt. Ich habe auch gerade die Termine nicht im Kopf, möglicherweise geht da doch was, aber generell erstmal Präferenz auf Köln. Vielleicht ginge es ja, dass Du erst am Montag zurück nach Paris fährst, ganz früh, das hast Du doch auch manchmal gemacht? Dann sagst Du Ute, Du fährst Sonntag morgens und dann haben wir fast einen ganzen Tag nur für uns, auch wenn wir nicht rauskönnen, aber immerhin.
 
Ach damn, da fällt mir etwas ein, das hatte ich völlig vergessen weil Du mich so wuschig gemacht hast mit Deinen Mails! Ich habe heute Nachmittag Ute getroffen! Im Park. Ich war mit Schröder spazieren und auf einmal ist Schröder losgerast wie von der Tarantel gestochen, weil er Hugo entdeckt hatte. Ich bin hinterher, ich wusste nicht, wo er hinwollte in dem Moment und als ich raus aus dem Gebüsch auf die Wiese gerannt bin, stand er da und ist freudestrahlend um Hugo rumgewuselt und ich hab Ute gesehen und bin fast vor Schreck zur Salzsäule erstarrt. Habe versucht, halbwegs gelassen zu reagieren und mir Schröder geschnappt und gesagt, wir hätten keine Zeit zu spielen, weil wir es eilig haben und habe mich verabschiedet. Schrecklich, echt. Keine Ahnung, ob sie etwas gemerkt hat bzw. etwas ahnt oder was auch immer, aber sie hat schon ziemlich verkniffen geschaut und irgendwie verschreckt gewirkt. Dass die Hunde sich kannten, dürfte ihr auf jeden Fall nicht entgangen sein, nur, damit Du Bescheid weißt. Herrje, ich habe mich echt erschrocken.
 
 
 
 
Mit diesen letzten Worten landete Lars schlagartig wieder in der Realität und musste sich unsanft von seinen Tagträumen trennen. Dass Ute Charlotte begegnet war, hatte ihn im ersten Moment ziemlich erschrocken. Doch dann rief er sich zur Ordnung. Ute wusste nichts von ihnen und Charlotte hatte sich nichts anmerken lassen. Schlimmstenfalls hatte sie bemerkt, dass die Hunde sich kannten, aber Hugo kannte sicherlich einige Hunde aus dem Park, die Ute nicht kannte. Daraus würde sie hoffentlich keine Rückschlüsse gezogen haben. Und ein Gutes hatte es auch - sollte sie doch je einen Verdacht wegen Charlotte gehegt haben, so hatte sie heute den Beweis erhalten, dass er tatsächlich anderweitig unterwegs war und nicht heimlich bei ihr. Wenn auch sicherlich nicht dort, wo Ute ihn gewähnt hatte...
Während er seinen Grübeleien nachhing, rief sie ihm zum Essen. Er würde Charlotte morgen wieder schreiben, spätestens nach dem Besuch bei den Schwiegereltern würde er es nötig haben.