Freitag, 1. Februar 2013

Guter Hoffnung - Freitag, 01. Februar 2013

Als Lars in Köln eintraf, wurde er von dicken grauen Wolken und strömendem Regen empfangen. Die ganze Stadt war kalt und grau und traurig und irgendwie wirkte es, als wolle das Schicksal die passende Kulisse für die Ereignisse schaffen, die an diesem Wochenende anstanden.
Völlig durchgefroren und durchnässt trat er durch die Haustür und wurde direkt im Flur von Ute mit einem Kuss empfangen. Trotz seiner Trennungspläne hatte er ihr den obligatorischen Blumenstrauß vom Bahnhof mitgebracht. Da sie der Calla letztes Mal keinerlei Bedeutung beigemessen hatte, hatte er keinen Anlass gesehen, die bevorstehende Trennung nicht auch mit einem Blumenstrauß zu beginnen. Außerdem wollte er Stress vermeiden und es hätte sicherlich Utes Misstrauen geweckt, wenn er heute ohne Blumen erschienen wäre. Also hatte er einen schlichten Strauß rosafarbene Tulpen gewählt. Er fand sie ganz hübsch und außerdem waren sie nicht so teuer gewesen. Ein wenig Frühling brachten sie auch in diesen grauen Tag, also waren sie keine schlechte Wahl. Ute schien sich ebenfalls zu freuen, strahlend nahm sie ihm den Strauß aus der Hand, um die Blumen ins Wasser zu stellen und sagte ihm dann, er könne sich noch schnell frisch machen, in zehn Minuten sei das Essen fertig, sie habe extra für ihn gekocht, er sei doch bestimmt hungrig. Er warf einen Blick in die Küche und sah einen großen Topf mit Käse-Lauch-Suppe. Er liebte Käse-Lauch-Suppe und bei dieser Kälte kam sie ihm gerade recht. Vermutlich hatte Ute sich genau das dabei gedacht. Sein schlechtes Gewissen meldete sich kurz, weil sie so gut zu ihm war und er spätestens am Sonntag die Beziehung beenden wollte. Er wischte solcherlei Gedanken beiseite. Für Ute war es letztenendes auch besser so, außerdem hatte er ihr Blumen mitgebracht und sie nicht gebeten, Suppe für ihn zu machen und Charlotte hätte ihm bestimmt ebenfalls etwas Köstliches kredenzt, wenn er zu ihr gekommen wäre.
Ute kam zurück in die Küche und lächelte ihn an. Hastig verließ er die Küche um sich frischzumachen.

*****

Ute stand in der Küche und bereitete Rouladen für das Abendessen vor. Lars hatte sich so sehr über die Käse-Lauch-Suppe heute Mittag gefreut, dass sie beschlossen hatte, ihn heute Abend erneut glücklich zu machen und Rouladen für ihn zu kochen. Er liebte Rouladen und sie hatte extra vorhin beim Spaziergang noch Fleisch im Bioladen dafür besorgt, weil er seit Neuestem ja plötzlich Wert auf soetwas legte, Gott wusste, warum. Früher hatte es ihn nicht geschert und inzwischen glaubte sie manchmal, er würde irgendwann noch zum Vegetarier werden. Aber sie selbst fühlte sich in gewisser Weise auch besser, wenn ihre Lebensmittel Bioqualität hatten und in Zukunft würde sie vielleicht ganz besonders darauf achten müssen, sich gesund zu ernähren, schließlich ging es nicht mehr nur um sie. Ihre Periode war seit drei Tagen überfällig und mit jedem Mal, wo sie auf Toilette war und weiterhin nichts Rotes sichtbar war, stieg ihre Laune. Sollte es tatsächlich endlich geklappt haben mit ihrer Schwangerschaft?
Sie wusste, dass drei Tage noch nicht unbedingt viel bedeuten mussten, zumal ihr Zyklus sowieso nicht unbedingt regelmäßig war, aber normalerweise war er eher zu kurz als zu lang und außerdem hatte sie so ein Bauchgefühl. Sie hatte es noch nicht gewagt einen Frühtest zu machen, zu sehr steckten ihr die Enttäuschungen der letzten Tests noch in den Knochen. Aber gekauft hatte sie bereits mehrere Tests und sie hatte beschlossen, den Test am Sonntagmorgen zu machen. Dann könnte sie Lars die freudige Nachricht direkt überbringen und ihm den Test zeigen, falls bis dahin nicht doch noch ihre Periode kam, aber sie hoffte und spürte, dass dies nicht der Fall sein würde.
Sie war sich sicher, dass er sich auch freuen würde, auch wenn es nicht geplant war und sie es vor ihm als Unfall darstellen musste, sie durfte ja nicht sagen, dass sie die Pille bereits seit Monaten abgesetzt hatte. Deswegen hatte sie auch stets brav ihre Pillenpackung auf dem Nachttisch drapiert und drückte jeden Tag eine Tablette heraus und entsorgte sie. Wenn er den ersten Schock überwunden hätte, würde er sich sicherlich wahnsinnig freuen und spätestens nach dem Sommersemester wirklich aus Paris zurückkommen und dann würden sie eine wunderbare kleine Familie sein und ihre Ehekrise und Charlotte würden der Vergangenheit angehören. Ute konnte es kaum abwarten. 
Bis dahin wollte sie Lars noch kräftig verwöhnen, damit er am Sonntag die freudige Nachricht vielleicht doch direkt schon ganz entspannt aufnehmen würde.

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