Mittwoch, 5. Dezember 2012

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Mittwoch, 5. Dezember

Ungeduldig wartete sie, dass der Streifen sich verfärbte. Es war die gleiche Prozedur wie auch schon gestern und vorgestern. Die zwei Minuten kamen ihr jedes Mal vor wie zwei Stunden. Sie schaute auf den Streifen. Auch heute zeigte er stoisch das gleiche Ergebnis an wie seine Kollegen an den vergangenen Tagen. Sie war nicht schwanger, egal über wie viele Streifen sie noch pinkeln würde. Enttäuscht stopfte sie ihn in den Mülleimer und versetzte diesem einen Tritt.
Jetzt hatte sie schon seit drei Monaten die Pille abgesetzt und ihre Verführungsversuche streng nach Kalender durchgeführt und es klappte einfach nicht. Eigentlich wusste sie, dass drei Monate noch keine wahnsinnig lange Zeit waren, wenn man versuchte schwanger zu werden, aber bei ihrer Freundin Susanne hatte es immer sofort geklappt und außerdem, und das war das viel größere Problem, hatte sie das Gefühl, ihr lief die Zeit davon. Erstens war sie schon 35 und auch wenn das heutzutage noch kein ungewöhnliches Alter war um Mutter zu werden, so hatte sie doch viel früher ihr erstes Kind haben wollen. Das war nun nicht mehr zu ändern, aber sie wollte nicht mehr länger warten. Sie wollte nicht nur ein Kind haben und die Uhr tickte nunmal runter, auch wenn Lars das nicht sehen wollte.
Das war das zweite Problem. Sie hatte das Gefühl, ihr lief nicht nur die Zeit davon, sondern auch Lars. Sie waren inzwischen fünf Jahre zusammen und zwei davon verheiratet und sie wurde das Gefühl nicht los, dass er ihr irgendwie entglitt. Rückblickend war sie zu dem Schluss gekommen, dass es mit ihrer Hochzeit angefangen haben musste. Seit der Hochzeit hatte er sich sehr verändert. Es kam schleichend, aber es wurde immer stärker und inzwischen hatte sie das Gefühl, dass er sich meilenweit von ihr entfernt hatte. Anfangs hatte sie allem keine Bedeutung beigemessen. Sie hatte gedacht, er müsse sich vielleicht einfach daran gewöhnen nun tatsächlich verheiratet zu sein. Keiner hatte zuvor geglaubt, dass Lars je heiraten würde, umso stolzer war sie gewesen, dass sie es geschafft hatte und ihn tatsächlich dazu gebracht hatte, sich ewig zu binden. Dass es Lars nicht leicht gefallen war, diesen Schritt zu tun, war ihr klar gewesen, er hatte auch offen mit ihr darüber gesprochen, aber als er sich endlich entschieden hatte, hatte sie das Gefühl, er habe auch wirklich hinter der Entscheidung gestanden und die Wochen vor ihrer Hochzeit waren für sie die glücklichsten und schönsten ihrer gesamten Beziehung gewesen.
Dann war es bergab gegangen. Anfangs wirkte er einfach nur abwesend und mit den Gedanken woanders. Auch die Leidenschaft fehlte ihm irgendwie, aber er hatte gesagt, er habe beruflich viel um die Ohren und sie hatte es ihm geglaubt, auch wenn sich das zuvor nie so ausgewirkt hatte. Für sich hatte sie gedacht, dass er den Ring am Finger eventuell doch als Bürde empfand, an die er sich erst gewöhnen musste. Er war einfach ein freiheitsliebender Mensch und sie hatte gelernt, ihm seine Freiheiten zu lassen und sah ihre Rolle darin, ihm den sicheren Hafen zu bieten, in den er immer wieder gerne zurückkehrte. Sie hielt ihm den Rücken frei und erledigte zu Hause alles, so dass er immer schön ins gemachte Neste kommen konnte und er sagte ihr immer, wie sehr er dies an ihr liebte. Außerdem führten sie wunderbare Gespräche, sie liebte es, sich mit ihm über französische Literatur zu unterhalten. Auch ihr soziales Leben empfand sie als ausgefüllt, sie hatten ihre Freunde im Golfclub, mit denen sie sich auch regelmäßig zu anderweitigen Unternehmungen trafen. Für Ute hätte es perfekt sein können, einzig Kinder fehlten ihr noch zu ihrem Glück.
Lars hatte zu Beginn ihrer Ehe gesagt, sie sollten noch ein paar Monate warten, bis er beruflich weniger eingespannt sei, was sie auch eingesehen hatte, auch wenn sie am liebsten sofort schwanger geworden wäre. Stattdessen hatte er ihr Hugo zum Geburtstag geschenkt, den kleinen Pekinesen. Sie hatte schon immer für Pekinesen geschwärmt, während Lars sich nach ihrem Gefühl eher darüber lustig gemacht hatte. Aber als er ihr Hugo geschenkt hatte, war sie überglücklich gewesen, weil sie dachte, er würde ihre Leidenschaft wohl doch teilen. Inzwischen befürchtete sie, dass Hugo mehr eine Art Ersatz für seine Anwesenheit darstellen sollte oder aber gar einen Kindsersatz. Jedenfalls hatte Lars ihr nach einem halben Jahr eröffnet, dass er von Köln nach Paris an die Uni wechseln wolle. Es sei eine einmalige Möglichkeit für ihn dort zu lehren und neben der Tatsache, dass dies schon immer sein Traum gewesen sei, auch eine riesige Aufstiegschance. Sie hatte ihn gefragt, wie er sich das denn vorstelle und er erklärte, es sei alles kein Problem, er würde pendeln und sich dort eine kleine Wohnung nehmen für die Tage, die er dort sei. Der Thalys sei in wenigen Stunden da und so wäre er einfach ein paar Tage in der Woche in Paris und ein paar Tage bei ihr in Köln, es sei ja auch nur vorrübergehend. Sie war totunglücklich gewesen, hatte sich aber nicht getraut zu widersprechen. Es war klar, dass er an das Thema Kinder überhaupt nicht dachte und sie wagte auch nicht, es anzusprechen. Lars machte sowieso, was er wollte und sie hätte ihn nicht aufhalten können. Wenn sie ihn halten wollte, musste sie ihm also noch mehr ein guter Hafen sein, von da an, wenn er aus Paris kam und dafür sorgen, dass er sich zu Hause so wohl fühlte, dass er schnell nach Köln zurückkehrte.
Das war nun ein Jahr her und Lars machte keinerlei Anstalten, die Stelle in Paris aufzugeben. Auf ihren Vorschlag, ob sie nicht ganz nach Paris übersiedeln sollten, hatte er ebenfalls abweisend reagiert und gemeint, er würde schon nach Köln zurückkehren und es wäre doch wunderbar, in beiden Städten ein Domizil zu haben. Außerdem sollte sie bedenken, dass sie ihre ganzen Freunde in Köln hätte und in Paris bei ihren Schwierigkeiten auf Menschen zuzugehen ewig brauchen würde, bis sie wieder Freunde gefunden hätte. Das hatte gesessen.
Nun hatte sie sich einen anderen Plan überlegt, auch um ihre Ehe zu retten, wie sie glaubte. Denn aus Lars‘ anfänglicher Abwesenheit war eine spürbare Distanziertheit geworden. Sie sahen sich sowieso nur ein paar Tage in der Woche und im Gegensatz zu früher, wo er am liebsten sieben Tage die Woche mit ihr geschlafen hätte, rührte er sie jetzt in den drei oder vier Tagen, wo er anwesend war, kaum an. Susanne hatte gemeint, er würde eben auch älter, irgendwann würde der Drang nachlassen, aber Ute spürte, dass es nicht daran lag. Sie fragte sich, ob sie ihm nicht mehr attraktiv genug war, konnte aber nicht sehen, dass sie sich großartig zum negativen verändert hätte in den letzten Jahren. Natürlich war die ein oder andere Falte ein wenig stärker geworden, aber generell fand sie sich nicht schlecht aussehend und soviel anders als mit 30, als sie sich kennengelernt hatten, sah sie nicht aus. Einmal hatte sie ihn darauf angesprochen und er hatte gemeint, das sei doch Unsinn, er finde sie genauso bezaubernd wie am ersten Tag, er sei einfach oft müde von der Reiserei und dann hatte er sie zärtlich geküsst und auf`s Sofa gezogen und sie hatten sich stundenlang geliebt. Danach war sie so glücklich gewesen, dass sie ihn im Überschwang der Gefühle doch noch einmal auf das Thema Kind angesprochen hatte. Seine Gesichtszüge hatten sich kurz verzerrt, aber dann hatte er ihr zärtlich ins Ohr geflüstert, dass er sich schon sehr auf ihr Kind freuen würde und es ganz wunderbar werden würde, wenn er erst aus Paris zurück wäre. Wann das der Fall sei, hatte er allerdings nicht gesagt und sie hatte so damit zu kämpfen die Tränen zurückzuhalten, dass sie nicht mehr weiter nachfragen konnte.
Die Monate danach hatte sie abgewartet und gehofft, die Distanz, die sie zwischen ihnen empfand, würde sich wieder verringern, aber das Gegenteil war der Fall gewesen. Lars hatte Phasen, in denen er extrem schlecht gelaunt war und dies auch an ihr ausließ. Diese wurden unterbrochen von Phasen, in denen er aus ihr unerklärlichen Gründen übermäßig euphorisch und gut gelaunt war, ohne dass sie jedoch das Gefühl hatte, Teil dieser Freude zu sein. Es war ein bisschen, als würde sie eine fremde Person auf einem Zeitungsfoto strahlen sehen, ohne den Grund dafür zu kennen und ohne an dieser Freude teilhaben zu können. Sie fühlte sich einsam, selbst in den wenigen Stunden, die er neben ihr auf dem Sofa oder gar im Bett verbrachte. Auch bei gemeinsamen Unternehmungen mit den Freunden aus dem Golfclub bekam sie mehr und mehr das Gefühl, dass er für sich Spaß hatte und sie das nette Beiwerk war, während sie früher das Empfinden gehabt hatte, dass sie als Einheit auftraten.
Zwischendurch hatte sie sich gefragt, ob sie sich eventuell alles nur einrede. Sie hatte einmal Eva, eine gute Bekannte aus dem Golfclub ins Vertrauen gezogen und sie gefragt, ob ihr ein Unterschied auffallen würde, doch Eva hatte nur gelacht und gemeint, Lars liebe sie doch abgöttisch und allein die Tatsache, dass er ihr seit der Hochzeit jede Woche einen Blumenstrauß schenke, davon könnten die anderen Frauen hier doch nur träumen.
Auch Susanne hatte irgendwann einmal eine Andeutung gemacht, ob sie nicht eventuell durch ihren drängenden, aber immer noch unerfüllten Kinderwunsch Situationen überinterpretieren und Lars Unrecht tun würde. Das hatte ihr sehr zu denken gegeben. Vielleicht sah sie die Dinge wirklich zu übertrieben, aber eigentlich war sie sich sicher, dass ihr Empfinden richtig war, die anderen waren schließlich nicht dabei, wie sollten sie die Feinheiten erkennen.

Beim Sommerfest im Golfclub war ihr schließlich eine Idee gekommen. Bernd und Ulla waren dort das erste Mal mit der kleinen Maja erschienen. Maja war nicht geplant gewesen, beide waren eher Karrieremenschen und Ulla hatte weiter in der Versicherung aufsteigen wollen, statt sich ein Kind ans Bein zu binden, so hatte sie immer geredet. Bernd war es egal gewesen, er hatte keinen ausdrücklichen Kinderwunsch, hätte wohl aber auch nichts dagegen gehabt, solange es mit seiner Arbeit in seiner gut laufenden Fahrschule vereinbar gewesen wäre. Und dann war Ulla plötzlich schwanger gewesen. Ein Unfall, die Pille hatte aus unerfindlichen Gründen nicht ihren Dienst getan. Abtreiben war für Bernd und Ulla nicht in Frage gekommen und nun waren sie so überglücklich mit ihrer kleinen Maja, dass Ulla immer wieder betonte, wie froh sie sei, dass die Natur ihren eigenen Weg gegangen sei und sie dieses Geschenk bekommen hatte.
Utes Wunsch nach einem Kind war nach diesem Abend ins Unermessliche gewachsen, aber sie wusste, dass es keinen Sinn haben würde, die Diskussion mit Lars erneut zu starten, er würde doch wieder sagen, dass sie ein Kind bekommen würden, sobald er wieder dauerhaft in Köln sei, ohne sich auf einen Zeitpunkt festlegen zu wollen. Sie verstand nicht, warum er es immer weiter aufschob, sie wurden doch beide nicht jünger. Schließlich kam ihr der Gedanke, dass bei ihr ja auch einfach die Pille versagen könnte. Ulla war schließlich noch viel mehr gegen ein Kind gewesen als Lars und nun war sie so glücklich, vielleicht brauchte Lars einfach einen triftigen Grund, um wieder komplett nach Köln zu ziehen, manche Menschen mussten eben zu ihrem Glück gezwungen werden.
Anfangs hatte sie den Gedanken wieder beiseite geschoben, sie wollte Lars kein Kind unterjubeln und heimlich die Pille absetzen. Sowas las man immer in diesen Frauenzeitschriften beim Arzt, aber so etwas machte sie doch nicht. Sie fragte sie auch, ob er wirklich zurückkommen würde, oder ob sie am Ende die halbe Woche mit dem Kind alleine wäre. Aber selbst wenn. Er würde schon auf den Geschmack kommen und außerdem hätte sie dann zumindest das Kind. Und außerdem würde ein Kind vielleicht auch wieder Annäherung zwischen ihnen bringen. Angeblich hatten Kinder doch schon viele Ehen gerettet. Sie wünschte sich so sehr, dass diese Distanz, auch wenn alle behaupteten, sie würde sie sich einreden, endlich verschwinden würde.

Schließlich hatte sie ihre moralischen Bedenken verworfen und tatsächlich heimlich die Pille abgesetzt. Es war trotzdem noch schwierig genug, schließlich musste Lars während ihrer fruchtbaren Tage erstmal zu Hause sein und außerdem war sie nie eine große Verführerin gewesen, meist war die Initiative in Sachen Sex von ihm ausgegangen – als sie noch regelmäßig Sex hatten. Sie musste aufpassen, dass er nicht misstrauisch wurde, weil sie plötzlich Initiative zeigte. Einmal, im zweiten Monat, als sie die Pille abgesetzt hatte, hatte er tatsächlich eine halb-spöttische Bemerkung gemacht, was denn plötzlich mit ihr los sei, ob die Batterien ihres Vibrators leer seien. Ute war rot angelaufen und hatte sich im letzten Moment damit gerettet, dass sie murmelte, die Sehnsucht werde eben größer, wenn er nicht mehr immer verfügbar sei. Offensichtlich hatte er sich sehr geschmeichelt gefühlt, jedenfalls gab er sich dieses Mal besondere Mühe, dass sie auch etwas davon hatte. Das von ihr ersehnte Ergebnis war jedoch bis heute ausgeblieben. Außerdem wurde es immer schwieriger, da von seiner Seite aus kaum noch Initiative kam und sie nicht um Sex betteln wollte. Sie hatte sich sogar extra neue Unterwäsche gekauft, obwohl sie normalerweise nichts von Reizwäsche hielt und sich darin eher billig vorkam. Lars hatte etwas Anerkennendes gemurmelt, aber sie hatte nicht das Gefühl, dass es ihm wirklich gefallen hatte und sich selbst lächerlich gefühlt in den roten Strapsen.

Ute starrte in den Spiegel und sah plötzlich, dass ihr die Tränen über die Wangen rannen. Sie hatte gar nicht realisiert, dass sie offenbar schon Minuten vor dem Badezimmerspiegel stand und weinte. Es half nichts, sie musste sich zusammenreißen, in einer Stunde musste sie in der Uni ihre Sprechstunde abhalten. Sie drehte das Wasser auf und spritze sich solange eiskaltes Wasser ins Gesicht, bis sie sich einigermaßen beruhigt hatte und der Tränenfluss versiegt war. Auf das Frühstück verzichtete sie, sie hatte keinen Hunger. Stattdessen griff sie zum Handy, um Lars eine SMS zu schicken.

Guten Morgen, mein Liebster! Ich vermisse Dich so unendlich, es ist so leer hier ohne Dich. Ich kann es kaum erwarten, wenn Du morgen Abend zurückkommst und mich in Deine Arme nimmst. Du fehlst mir. Machen wir am Wochenende was Schönes? Vielleicht könnten wir am Freitagnachmittag schon auf den Weihnachtsmarkt gehen, da ist es noch nicht so voll? Kuss!

*****
Lars‘ Handy vibrierte. Es war eine SMS von Ute. Er las sie und seufzte. Er sah sie vor sich, als sie die SMS geschrieben hatte. Dieser tieftraurige Dackelblick. Es machte ihm das Herz schwer. Sie vermisste ihn wahnsinnig, während er sich zu Hause immer eingeengter fühlte und wann immer es ging noch einen Tag länger in Paris blieb oder sich zu Hause mit Terminen überlud, nur um nicht zu Hause erdrückt zu werden. Andererseits war sie so ein unendlicher lieber Mensch und er wusste, dass er ihr wehtat und sie es nicht verdient hatte. Trotzdem sah er sich nicht in der Lage, momentan etwas an der Situation zu ändern.
Er hasste Weihnachtsmärkte. Ihr zuliebe hatte er sich letztes Jahr einmal den am Rudolfplatz angetan, aber er hatte nicht das Bedürfnis, dieses Erlebnis nun jedes Jahr zu wiederholen. Sollte sie doch mit Susanne hingehen. Außerdem hatte er Charlotte versprochen, dass sie sich am Freitag sahen, es ging nicht.

Mein Schatz, ich vermisse Dich auch. Am Freitag Nachmittag ist es sehr schlecht, ich habe einen wichtigen Termin. Aber vielleicht möchtest Du mit Susanne hingehen und ich stoße abends zu Euch und danach machen wir uns einen schönen Abend?! Kuss

Das sollte genügen. Hoffentlich hatte Susanne Zeit. Dann brauchte er sich auch keine Gedanken machen, was Ute trieb, während er sich mit Charlotte traf. A propos, dem Biest musste er auch noch antworten.


Betreff: Gestiefelte Katze
08:51 05.12.2012

Liebe Charlotte,

eine nette Überraschung hat mir die Barbara da zuteilwerden lassen. Richte ihr doch bitte meinen herzlichsten Dank aus und sage, ich hätte mir einen netten Abend mit ihrem Geschenk bereitet, da brauchte es gestern gar keinen weiteren „Braten“.
Mein „Braten“ (ich liebe Deine Wortwahl) hieß übrigens Chloé. Landet mein Braten nun auf der Liste Deiner potenziellen Kindernamen? Ich finde weiterhin, wir sollten unseren Favoriten Philippa bzw. Luc treu bleiben.

Sag mal, hat die Barbara Dir gesagt, dass morgen Nikolaus ist? Meinst Du, der Kollege hat etwas für mich? Als Anerkennung dafür, dass ich gestern Abend brav war und es bis Freitag auch bleiben werde? Und meinst Du, er hat außer der Rute auch etwas für Dich, Du böses Mädchen?

Hatten wir eigentlich schon konkret etwas vereinbart für Freitag? Ich glaube nicht, oder? Was hältst Du davon, wenn ich gegen 15 Uhr bei Dir bin?

A bientôt

Lars


Er fuhr den Rechner runter und beschloss, vor seinem Seminar noch einmal kurz in die Stadt zu fahren, um dort ein Nikolausgeschenk für Ute zu besorgen. Er hatte ein schlechtes Gewissen und wollte es irgendwie beruhigen.

Während er an den Geschäften vorbeischlenderte, dachte er sich, wie schwer es war, Ute etwas zu schenken. Sie war einfach langweilig. Das war nicht böse gemeint, zeigte sich aber an den möglichen Geschenken, die er als passend empfand. Das Einzige, was ihm bisher begegnet war, waren entweder Küchenutensilien oder Wolle gewesen. Sie war die perfekte Hausfrau und sie strickte gerne. Ansonsten war ihr einziges Hobby, neben dem Golfclub und Literatur, der Hund. Aber er hatte weder Lust, ihr etwas für den Hund zu Nikolaus zu schenken, noch empfand er Golfaccessoires oder ein Buch als ein besonders spannendes Geschenk.
Er war in einer kleinen Boutique gewesen, in der er wunderschöne Wäsche gefunden hatte. Allerdings ertappte er sich dabei, wie er sich die Wäsche immer nur an Charlotte vorstellte anstatt an Ute. Er konnte sie sich an Ute nicht vorstellen und er wollte es auch nicht. Ihm reichte noch der Auftritt von letztens, als sie, was immer sie geritten hatte, plötzlich in roter Reizwäsche mit Strapsen vor ihm gestanden hatte und ihn verführen wollte. Die Situation war für sie beide mehr als peinlich gewesen. Mal ganz abgesehen davon, dass Ute zwar eine gute Figur hatte, weil sie superschlank war, so war sie aber auch der eher androgyne Typ und hatte keinerlei Kurven, weshalb die Wäsche in keinster Weise wirkte. Das wäre vermutlich noch halb so schlimm gewesen, viel schlimmer war, dass er ihr ansehen konnte, wie unsicher sie war und wie unwohl sie sich in den Sachen fühlte. Es war einfach nicht ihr Stil und es passte nicht zu ihr. Er hätte nie gedacht, dass er eine Frau mal lieber in einem weißen Baumwollschlüpfer als in Reizwäsche sehen würde, aber in diesem Moment war es soweit gewesen. Lars schüttelte die Erinnerung ab. Nein, es hatte keinen Sinn, Ute Wäsche zu schenken, zumal er momentan sowieso ein eher geringes Bedürfnis verspürte mit ihr zu schlafen, weil das schlechte Gewissen stets neben ihr lag. Kurz überlegte er, ein Set für Charlotte zu kaufen, aber er kannte ihre BH-Größe nicht und für Ratespielchen war die Wäsche zu teuer. Er musste sie das nächste Mal unauffällig herausfinden und dann wiederkommen. Er konnte sich Charlotte nämlich ganz wunderbar in diesem schwarzen Spitzen-BH und dem mit Perlen versetzten String vorstellen. Ja, Charlotte, sie hatte Kurven. Auch wenn sie immer meinte, sie hätte ein paar Kilos zuviel, was lächerlich war, so hätten sie bei ihrer wunderschön ausgeprägten Taille und ihren perfekten Brüsten sowieso keine Rolle gespielt. Seufzend hatte er die Boutique verlassen.

Am Ende hatte er aus lauter Verzweiflung einen Kunstband mit den Werken Monets für Ute erworben. Hauptsache, sie freute sich…
Für Charlotte hatte er nicht widerstehen können, als er im Schuhgeschäft direkt neben der Wäscheboutique ein paar wunderschöne schwarze Stiefel mit abgerundeter Spitze entdeckte. Die würden ein paar hübsche Nikolausstiefel an Charlotte abgeben, auch am Tag nach Nikolaus noch. Der Anblick war ihm durchaus die 299 Euro wert.

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