Freitag, 7. Dezember
Lars hatte schlecht geschlafen. Auch wenn der Abend gestern
mit Ute noch recht gemütlich gewesen war, machte er sich Sorgen. Irgendetwas
stimmte nicht mit ihr und er konnte auch nicht recht glauben, dass sie nur
geweint hatte, weil sie ihn vermisst hatte, auch wenn sie darauf beharrte, es
habe daran gelegen. Er hatte die ganze Zeit an Charlottes Mail denken müssen
und ihre Schilderung von Ute. Es konnte nicht sein, dass sie ständig weinte,
weil sie ihn vermisste, so war sie nicht. Natürlich war sie anhänglich, aber
sie hatte auch gewusst, wen sie heiratet und war bisher immer recht souverän
damit umgegangen, dass er seinen Freiraum brauchte. Es musste einen anderen
Grund geben und die Grübelei darüber hatte seinen Schlaf gestört.
Jetzt genoss er es, alleine in der Wohnung zu sein. Ute war
heute Morgen mit dem Hund rausgegangen, obwohl das normalerweise freitags sein
Job war, aber er hatte keine Lust gehabt bei diesem Schneetreiben mit dem Hund
durch den Wald zu laufen, zumal er glaubte, dass der Schnee bereits halb so
hoch lag, wie der Hund groß war und er sich das Elend nicht ansehen wollte.
Also hatte er so getan, als sei er noch immer sehr geschafft von der Reise und
zumindest die Tatsache, dass er noch hundemüde war, war nicht einmal gelogen
gewesen und Ute hatte sich erbarmt und war mit Hugo losgezogen. Auf dem Rückweg
hatte sie frische Brötchen mitgebracht und so hatte er direkt vom Bett zum
liebevoll gedeckten Frühstückstisch gehen können. Beim Frühstück hatte es keine
besonderen Vorkommnisse gegeben und danach musste Ute relativ schnell los, weil
sie um 10 Uhr irgendeinen Yoga-Kurs besuchen wollte. Susanne nahm auch an
diesem Yoga-Kurs teil, weshalb die beiden direkt danach weiter zum
Weihnachtsmarkt wollten und er Ute bis heute Abend los war. Sie hatten sich für
18 Uhr am Rudolfplatz verabredet.
Er las die Zeitung zu Ende, dann ging er zum Auto, um Charlottes
Stiefel aus dem Kofferraum zu holen. Er wollte den Karton noch in
Geschenkpapier einpacken und nicht einfach so überreichen. Beim Blick auf den
Karton fragte er sich, wo Ute wohl das Geschenkpapier lagerte. Normalerweise
war Geschenke einpacken ihr Job und er hatte keine Ahnung, wo sich das
Geschenkpapier befand. Nachdem er fast eine Viertelstunde vergeblich gesucht
hatte, fand er es schließlich in der untersten Schublade in einer Kommode im
Arbeitszimmer. Die Auswahl war zwar groß, dennoch gefiel ihm keine der Rollen
auch nur ansatzweise für seine Zwecke. Genervt knallte er die Schublade wieder
zu und beschloss, den Karton einfach in Packpapier zu packen. Das empfand er in
jedem Fall als geschmackvoller als dieses grauenvolle Geschenkpapier. Charlotte
hatte sowieso bisweilen eine minimalistische Ader, nicht nur bei ihrer
Unterwäsche, dachte er grinsend. Nachdem er den Karton mit Packpapier umhüllt
hatte, beschloss er, das Ganze mit rotem Geschenkband in Kombination mit
Paketkordel abzurunden und war recht zufrieden mit seinem Werk. Charlotte würde
Augen machen.
Er beschloss, noch ein wenig zu arbeiten, dann würde er
duschen und sich auf den Weg zu Charlotte machen. Er hatte es nicht weit, mit
dem Auto war er in wenigen Minuten da, aber heute würde er mit der Bahn fahren,
da er anschließend ja noch auf den Weihnachtsmarkt musste. Beim Gedanken daran
sank seine Laune direkt wieder ein wenig.
Lotte saugte und putzte noch schnell durch. Durch den Schnee
draußen war der Fußboden im Flur nach dem Spaziergang mit Schröder einigermaßen
pflegebedürftig und der Rest der Wohnung konnte es auch vertragen. Dann war es
an der Zeit, sich selbst herzurichten und sie hüpfte unter die Dusche. Sie
hatte noch eine Stunde bis Lars kam und war sich immer noch nicht sicher, was
sie anziehen sollte. Während sie unter der Dusche stand, fiel ihr ein, dass
eines ihrer Parfums Chloé hieß. Sie
konnte nicht widerstehen und trug es direkt nach dem Duschen auf. Schließlich
entschied sie sich für ein schlichtes, aber sehr figurbetontes schwarzes Kleid
und eine passende Strumpfhose. Dazu schlüpfte sie ganz unschuldig in ihre
Puschen. Lars sollte nicht den Eindruck bekommen, sie habe sich extra für ihn
herausgeputzt.
Lars trug noch einen Hauch Aftershave auf, bevor er die Wohnung
verließ. Er wusste, dass Lotte den Duft mochte und wollte ihr gefallen.
Deswegen hatte er auch ein Hemd angezogen, obwohl später auf dem
Weihnachtsmarkt ein dicker Wollpulli mit Sicherheit die angenehmere Variante
gewesen wäre, gerade beim immer mehr zunehmenden Schneegestöber draußen.
Im letzten Moment hatte er noch eine der Rosen, die er Ute
gestern geschenkt hatte aus der Vase gefischt und im Knoten des Paketbands
befestigt, mit dem er Charlottes Geschenk umwickelt hatte. Dann steckte er das
Ganze noch in eine große Tüte, damit das Schneegestöber ihm nichts anhaben
konnte und machte sich auf den Weg.
Lotte lag auf ihrer Couch, in eine Decke gewickelt, und
kraulte mit ihrer linken Hand Schröders Kopf, während sie in der rechten ihr
Weinglas hielt. Geistesabwesend beobachtete sie die Flamme der
Adventskranzkerze und ließ die vergangenen Stunden Revue passieren. Es war kurz
nach 19 Uhr und Lars hatte eben ihre Wohnung verlassen, um sich auf den Weg zu
seiner Frau auf den Weihnachtsmarkt zu machen. Eigentlich waren sie für 18 Uhr
verabredet gewesen, aber Lars hatte vorgeschoben, durch das Schneegestöber
aufgehalten worden zu sein. Lotte fragte sich, ob Ute ihm das abkaufte.
Natürlich schneite es heftig und der Kölner Verkehr war wie immer zu solchen Anlässen
zusammengebrochen, aber Lars hätte es nicht weit gehabt von sich nach Hause bis
zum Weihnachtsmarkt und dafür war über eine Stunde Verspätung schon heftig.
Andererseits schien Ute nicht viel zu hinterfragen und Lars hatte sich wenig
Gedanken darum gemacht, dass sie irgendwelche Zweifel haben könnten. Notfalls
sei er eben noch unterwegs von einem Nachbarn aufgehalten worden, meinte er
nur. Es sollte auch nicht ihr Problem sein – hoffentlich.
Sie fühlte sich elend. Eigentlich kam sie gut mit der Situation
klar, aber nach ihren Treffen war es manchmal doch bitter, wenn sie ihn wieder
ziehen lassen musste und wusste, dass er den Abend gemütlich (oder vielleicht
auch nicht, aber zumindest in ihrer Phantasie gemütlich) mit einer anderen Frau
verbrachte. Meist war es am nächsten Tag spätestens auch wieder gut. Sie
wusste, dass sie realistisch betrachtet in der besseren Situation war und sie
hätte auch keinesfalls mit seiner Frau tauschen wollen. Immerhin wusste sie im
Gegensatz zu Ute, woran sie war und wurde nicht von vorne bis hinten belogen.
Sie fühlte sich von ihm geliebt und begehrt und sie war sich sicher, dass das
bei Ute nicht im Entferntesten der Fall sein konnte. Und falls sie wirklich
immer noch seinem Theater auf den Leim ging, so war ihr auch nicht zu helfen.
Es war schwierig für Lotte. Einerseits empfand sie ein
wahnsinniges Mitleid mit dieser Frau, die seit Beginn ihrer Beziehung
konsequent von ihrem Mann betrogen worden war und von nichts auch nur den Hauch
einer Ahnung zu haben schien. Im Nachhinein konnte Lotte immer noch kaum
fassen, wie es damals gekommen war. Nachdem Lars in der Sprechstunde so
unverschämt zu ihr gewesen war, hatte sie gekocht vor Wut und zwei Wochen lang
gedacht, dass sie es ihm irgendwie heimzahlen müsse. Schließlich war ihr eine
Idee gekommen. Er hatte seinen Ruf als Womanizer im Institut weg, auch wenn
niemand Beweise hatte und so kam ihr der Einfall, dass sie für Beweise sorgen
und ihn ans Messer liefern könnte. Seine Beziehung zu Ute war ihr natürlich
bekannt, schließlich war diese auch am Seminar und Lotte hatte auch überhaupt
nicht vorgehabt, in irgendeiner Form in diese Beziehung einzudringen, da für
sie vergebene Männer generell tabu waren. Sie wollte Lars nur locken und
schauen, ob er darauf anspringen würde, ohne etwas Verbotenes mit ihm zu tun.
Ihr Plan war nämlich, ihn dann vorher abblitzen zu lassen, um ihm zu zeigen,
dass er keinesfalls so toll war, wie er sich vorkam.
Also richtete sie sich eine separate Mailadresse ein, damit
ihr niemand etwas konnte und griff dabei den Namen der Frau des Marquis de Sade
auf, damit er ahnen konnte, wer als Absender in Frage kam und worum es ging.
Der Demon war natürlich ebenfalls
durchaus bewusst gewählt, sie wollte ihm direkt das Böse signalisieren.
Sie erinnerte sich noch sehr gut an ihre erste Mail, sie
hatte sich nach dem Absenden fast in die Hose gemacht vor Nervosität, weil sie
zwar nicht auf den Mund gefallen war, aber solche Aktionen auch eher nicht zu
ihrem Alltag gehörten.
Betreff: Zusammenarbeit?
Sehr geehrter Herr
Professor Doktor Laslandes,
mir ist zu Ohren
gekommen, dass Sie an Arbeiten zu den Werken des Marquis de Sade interessiert
sein sollen. Das freut mich sehr zu hören, denn sein Werk ist quasi mein
Spezialgebiet – ich denke, mein Name dürfte Ihnen ein Begriff sein.
Ich bin mir sicher,
wir könnten eine sehr produktive Zusammenarbeit aufbauen in allen Bereichen,
die dieses Werk umfasst. Meine speziellen Fähigkeiten könnte ich Ihnen
selbstverständlich in einem ersten Exposé in Ihrem Büro vorstellen, falls Sie
Interesse daran haben? Dort könnten wir auch besprechen, welche Rolle die Ihre
in diesem Projekt sein könnte.
Ich würde mich sehr
freuen, wenn wir gemeinsam dem Werk de Sades zu neuem Glanze verhelfen könnten.
Lassen Sie mich doch bitte wissen, ob Sie Interesse haben.
Mit freundlichen
Grüßen
Anne de Mon
Lars hatte das Spielchen damals sofort durchschaut und war
voll darauf eingestiegen. Es hatte Ihr einen Heidenspaß bereitet und sie hätte
nie erwartet, wie viel Erotik man in vermeintlich wissenschaftlich klingenden
Mails verpacken konnte.
Das Spielchen spielten sie ein paar Tage, dann bemerkte
Lotte zu ihrem Entsetzen, dass sie sehr viel Spaß an der Sache gewonnen hatte
und sie sich vor allem auch so hochgeschaukelt hatten mit ihren erotischen
Mails, dass sie am liebsten doch mit ihm ins Bett gestiegen wäre. Kurz, bevor
es dazu kommen sollte, beschloss Lotte, dass sie die Sache beenden musste. Sie
konnte nicht mit einem vergebenen Mann ins Bett gehen. Da Lars bisher sowieso
nicht mit Sicherheit beweisen konnte, wer sie war, schöpfte sie aus den Vollen
und schrieb ihm eine Mail, die sich gewaschen hatte.
Betreff: Finis
Sehr geehrter Herr
Professor Doktor Laslandes,
ich danke Ihnen für
die zugegebenermaßen unterhaltsame Zeit (ich hätte Ihnen soviel Humor nicht
zugetraut), aber wir müssen die Sache hier beenden. Ich werde nicht mit Ihnen
schlafen und ich will Sie auch nicht treffen oder weiter mit Ihnen schreiben.
Ja, es hat mir irrsinnigen Spaß gemacht, aber eigentlich hat das hier alles
nichts mit Spaß zu tun, wie ich ihn mir vorstelle.
Mit Verlaub, Sie sind
ein unglaublich mieses Arschloch! Auch wenn Sie dies während unserer
Korrespondenz sorgfältig geleugnet haben, so weiß ich doch, dass Sie vergeben
sind und ich fange nichts mit vergebenen Männern an. Ich hatte sie eigentlich
nur testen wollen, ob Ihnen Ihr Ruf gerechtfertigterweise vorauseilt oder
nicht. Das weiß ich nun und mehr will ich gar nicht wissen. Mir tut ihre Freundin
unendlich leid und ich wünsche ihr wirklich, dass ihr noch rechtzeitig die
Augen geöffnet werden…
Ach ja, und wenn ich
schon gerade dabei bin… Ihre Art Seminare abzuhalten ist ebenfalls das
Allerletzte. Ich kenne keinen Professor, der Studenten so von oben herab
behandelt und sich selbst dabei auch noch so unglaublich toll findet. Und falls
Sie das bisher annahmen – lustig sind Sie auch nicht!
Schönes Leben noch!
Lotte hatte nicht erwartet, auf diese Mail überhaupt noch
eine Antwort zu erhalten oder jedenfalls keine besonders freundliche. Doch sie
hatte eine erhalten und noch dazu eine sehr überraschende.
Sie riss sich zusammen. Es half ihr gerade kein Stück weiter
der Vergangenheit nachzuhängen, sie sollte sich besser überlegen, was sie aus
den Ereignissen des heutigen Tages machte.
Sie hatte Lars erklärt, dass es so nicht weitergehen konnte
und ihm auch von ihren Ängsten bezüglich Ute erzählt, obwohl es ihr unangenehm
war. Aber sie kam mit ihrem Gewissen nicht mehr klar und hatte jedes Mal, wenn
sie Ute in der Uni begegnete, was ab und an vorkam, auch wenn sie versuchte,
ihren Flur möglichst zu Zeiten aufzusuchen zu denen sie nicht anwesend war,
hatte sie das Gefühl, Ute wisse etwas oder müsse ihr etwas ansehen. Sie konnte
einfach nicht glauben, dass Ute wirklich so naiv sein sollte, das ihr bisher
alles entgangen war, zumal Lars in den letzten Monaten immer unvorsichtiger
geworden war und ihr durchaus auch von Signalen berichtet hatte, die ein
gewisses aufkommendes Misstrauen bei Ute erkennbar werden ließen. Er behauptete
zwar immer, er habe alles im Griff und sie habe überhaupt keine Ahnung und sein
Unmut, den er ihr gegenüber an den Tag lege, habe auch überhaupt nichts mit
seinem Verhältnis zu Lotte zu tun, aber Lotte konnte dies kaum glauben.
Sie hatte auch mit Doro darüber gesprochen und gemeinsam
hatten sie plötzlich den Verdacht, dass die vermeintlich naive Ute, gerade auch
durch ihr unscheinbares Äußeres, in Wirklichkeit vielleicht doch ziemlich
gewieft war und längst alles wusste. Ausgerechnet am nächsten Morgen war Lotte
ihr mit dem Hund im Park begegnet und Ute hatte sie so vernichtend angesehen,
dass Lotte Panik bekommen hatte, sie wisse längst alles und würde sie
fertigmachen. Aber nichts war geschehen.
Trotzdem plagte Lotte ihr Gewissen, sie fand es nach wie vor
nicht gut, dass Lars seine Frau so hinterging und sie inzwischen ein Teil
dessen geworden war, obwohl sie es nie gewollt hatte. Zwar hatten sie bisher in
all den Monaten noch nie miteinander geschlafen, aber das machte die Sache
nicht grundsätzlich besser.
Lars hatte schon immer nebenher mit anderen Frauen Sex, auch
bei seinen Beziehungen vor Ute und er hatte Lotte ziemlich deutlich erklärt,
dass er das auch nicht ändern würde. Seiner Meinung war es kein Betrug, sondern
eine Bereicherung für die Beziehung. Er holte sich das, was er brauchte und war
dadurch ausgeglichener und zufriedener, wovon auch seine Partnerin profitierte.
Dieser sagte er nichts davon und gaukelte ihr mit Hilfe seiner Freunde, die
genauso tickten, eine heile Welt vor, es war das perfekt organisierte
Verbrechen. Lotte war damals fast vom Glauben abgefallen und es hatte sie
einfach nur unglaublich angewidert, aber nachdem sie nächtelang per Mail und
auch bei zwei persönlichen Begegnungen darüber diskutiert hatten, hatte sie es
tatsächlich irgendwann nachvollziehen und auch Vorteile sehen können, wenn auch
nur unter gewissen Bedingungen. Die entscheidende Bedingung war für sie
Ehrlichkeit, sie wollte wissen, was ihr Partner trieb und nicht in so einer
Scheinwelt leben, wie die arme Ute es tat. Inzwischen war sie tatsächlich mit
Lars überein gekommen, dass wenn sie einmal zusammen wären, er seine sexuellen
Freiheiten behalten durfte, er aber weiterhin so ehrlich zu ihr war wie bisher
und sie im Gegenzug auch anderweitig Spaß haben durfte, wenn sie ihm gegenüber
dafür auch ehrlich war. Lars war es sehr schwergefallen, ihr diese Freiheiten
auch zuzugestehen, er hatte etwas von männlichen Besitzansprüchen geredet, aber
am Ende hatte er es eingesehen. Noch war er sich allerdings nicht sicher gewesen,
inwieweit er wirklich über ihre Aktivitäten Bescheid wissen wollte. Aber das
war sowieso alles noch Zukunftsmusik. Aktuell war er mit Ute verheiratet und es
bestand wenig Hoffnung, dass er das in näherer Zukunft ändern konnte, das hatte
er ihr heute noch einmal deutlich gemacht.
Er tat alles, um sich ihr zu entziehen und er hatte Lotte
auch gesagt, dass er Utes Anwesenheit bisweilen kaum ertragen konnte, sie ihn langweile und sie für ihn einfach
nur das Heimchen am Herd sei und keine attraktive Frau mehr. Trotzdem konnte er
sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht trennen. Sie war labil und er hatte Angst,
wie sie es verkraften würde. Außerdem wäre es auch finanziell eine Problem für
sie, da sie an der Uni kaum etwas verdiente und finanziell von Lars abhängig
war, der neben seinem Gehalt von der Uni durch mehrere Mietshäuser in bester
Lage in Paris, die er von seinem Großvater geerbt hatte, eine sichere
Einnahmequelle hatte. Hinzu kam die Tatsache, dass er Bedenken hatte bezüglich
seines Rufs, schließlich nahm er neben seiner Tätigkeit in Paris auch weiterhin
in Köln Prüfungen ab und wollte irgendwann auch wieder komplett an die Kölner
Universität zurückkehren, da machte es sich nicht gut, wenn man mit einer
Mitarbeiterin des Seminars verheiratet war und diese dann für seine junge
Studentin verließ. Er war außerdem gerade in der Auswahlphase für ein
bedeutendes Stipendium und da wäre solch eine Affäre ebenfalls nicht
vorteilhaft aufgefallen.
Lotte konnte durchaus nachvollziehen, dass er sich gerade
nicht trennen konnte, aber trotzdem belastete sie die Situation und das hatte
sie ihm heute noch einmal deutlich gemacht. Es machte sie auch traurig, nicht
mit ihm schlafen zu können, aber sie hatte damals gesagt, dass sie das nicht
auch noch seiner Frau antun wollte, dann hätte sie endgültig nicht mehr in den
Spiegel schauen können. Der Sex mit den anderen Frauen war in Lottes Augen zwar
auch eine miese Sache, aber dort waren keine Gefühle im Spiel, es war einfach
das, was Lars immer betrieben hatte und womit er seiner Beziehung nicht direkt
geschadet hätte nach seiner Logik. Deswegen waren sie damals überein gekommen,
dass sie erst miteinander schlafen würden, wenn er sich getrennt hätte.
Es machte Lotte wahnsinnig, aber sie wusste, sie durfte
nichts daran ändern. Lars hätte sich mit Sicherheit nicht lange bitten lassen,
wenn sie es darauf angelegt hätte, aber sie wusste, sie musste diesen Grundsatz
behalten und so ging sie diesen Bedürfnissen mit anderen Männern nach. Lars
wusste das, sie redeten offen darüber und es machte sie beide nicht glücklich,
wie es war, aber es war an ihm, etwas daran zu ändern. Obwohl sie keinen Sex
hatten, gab es zwischen ihnen weitaus mehr erotische Spannung, als Lotte es
bisher mit anderen Männern je erlebt hatte, von ein oder zwei Ausnahmen abgesehen.
Vielleicht machte es auch gerade den besonderen Kick aus, ihn bis auf’s Blut zu
reizen und zu wissen, dass es nicht ging. Lotte musste zugeben, dass ihr das
besonderen Spaß bereitete, auch wenn es für sie natürlich ebenfalls mit einer
gewissen Unbefriedigung einher ging, es nicht zu Ende bringen zu können.
Heute, als sie diese wahnsinnig schönen Stiefel anprobiert
hatte, die er ihr geschenkt hatte, hatte sie auch nicht widerstehen können und
war zum Anprobieren im Bad verschwunden und nur mit den Stiefeln und ihrer
Unterwäsche bekleidet wieder herausgetreten, um ihm sein Geschenk zu
präsentieren. Dass es ihm gefiel, war offensichtlich gewesen und als sie sich
mit einem Kuss bedankt hatte, war daraus eine wilde Knutscherei geworden und
sie waren schließlich auf ihrem Bett gelandet und es wäre wieder fast soweit
gewesen. Aber Lotte hatte im letzten Moment die Notbremse gezogen und war
abrupt aufgestanden und hatte sich wieder angezogen. Lars hatte sie enttäuscht
angesehen, aber Lotte hatte ihm nur schmollend gesagt, er wisse, woran es liege
und dann solle er es eben ändern. Lars hatte nur betreten dreingeschaut und
sich dann ebenfalls angezogen und verabschiedet, er hätte längst auf dem
Weihnachtsmarkt sein müssen, sie hatten völlig die Zeit aus den Augen verloren.
Lotte hatte gesehen, dass er noch einen Fleck von ihrem
Lippenstift am Hals hatte, als er die Wohnung verließ, aber sie beschloss zu
schweigen. Vielleicht war es ja Schicksal…
Ich lese deine Geschichte jeden Abend vorm Schlafengehen. Da ich sonst keinen Adventskalender habe, ist das mein Dezember-Ritual :)
AntwortenLöschenBin schon gespannt, wie es weitergeht!
Das freut mich sehr! Ich hoffe, du hast weiter soviel Spaß wie ich dabei! :)
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